Zukunftsbericht Die verquere Logik des Club of Rome

Die Autoren des Berichts des Club of Rome
Foto: Monika Skolimowska/ dpaDer Club of Rome hat mit seinem neuen Bericht "Ein Prozent ist genug. Mit wenig Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen" für Aufsehen gesorgt. Zwar identifiziert der Bericht der beiden Autoren Jorgen Randers und Graeme Maxton zu Recht die hohe Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und den Klimawandel als drei zentrale Probleme unserer Zeit. Ihre 13 radikalen Lösungen sind jedoch nicht mehr als meist kontraproduktive und widersprüchliche Vorschläge. Die Krönung des Berichts ist die Forderung, Industrieländer sollten Frauen finanziell bestechen, um keine Kinder oder maximal ein Kind zu bekommen.

teutopress / IMAGO
Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in Berlin, Professor für Makroökonomie und Finanzen an der Humboldt-Universität zu Berlin und Mitglied im Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Zuvor war er bis 2012 Abteilungsleiter bei der Europäischen Zentralbank.
Der Club of Rome ist sich seit seinem berühmten Bericht über "Die Grenzen des Wachstums" im Jahr 1972 in seinem pessimistischen und menschenfeindlichen Ausblick treu geblieben. Der neue Bericht folgt der gleichen Logik, es gäbe zu viele Menschen auf unserem Planeten, dies überfordere die natürlichen Ressourcen und müsse unweigerlich sehr bald zu Armut und zum Zusammenbrechen der Zivilisation führen.
Seit 44 Jahren werden die Thesen des Club of Rome widerlegt. Denn der Mensch hat sich als äußerst kreativ und innovativ erwiesen, um Probleme zu lösen, neue Ressourcen zu erschließen oder diese besser zu nutzen. Kurzum, fast allen Ländern der Welt geht es heute ungleich besser als in den 1970er Jahren. Die Armutsquote in Ländern wie China ist massiv gesunken, weniger Menschen leiden unter Hunger und sterben an ansteckenden Krankheiten, der Wohlstand auch fast aller Industrieländer ist gestiegen und wir leben in einer deutlich friedlichen Welt als noch vor 40 Jahren.
Die Welt könnte mehr als 10 Milliarden Menschen ernähren
Amartya Sen erhielt seinen Nobelpreis in Ökonomie auch für seine Arbeit, dass der Hunger in der Welt nicht das Resultat fehlender Ressourcen oder einer zu geringen Nahrungsmittelproduktion ist, sondern lediglich eine Frage der Verteilung. So könnte die Welt heute bereits mehr als 10 Milliarden Menschen ernähren, wenn sie es wollte und müsste.
Die Lösung für den Klimawandel scheint für den Club of Rome in der Abschaffung der Menschheit zu liegen. So lautet einer der "radikalen Vorschläge", Frauen in Industrieländern eine Prämie von 80.000 US-Dollar zu zahlen, damit sie keine oder nur ein Kind bekommen. Es ist nicht schwer, sich auszumalen, was passieren würde. Es würde zu einem elitären Selektionsmechanismus führen, Familien mit geringen Einkommen würden dazu gedrängt, weniger oder keine Kinder zu bekommen.
Dabei wissen wir aus vielen wissenschaftlichen Studien, dass die Wahl, Kinder zu bekommen, nur sehr unwesentlich mit Geld zu erklären oder zu beeinflussen ist. Denn Eltern bekommen Kinder, weil es für sie Glück und Lebenszufriedenheit bedeutet. Wie viele Kinder sie bekommen, hängt nicht von finanziellen Leistungen ab, sondern von der Infrastruktur und der Möglichkeit, sich um ihre Kinder kümmern zu können.
Wohlstand und Lebenszufriedenheit kann man kaum statistisch darstellen
Dieses zugrundeliegende Menschenbild des Club of Rome zeigt sich in der Aussage des Autors Randers bei der Buchvorstellung, seine Tochter sei "das gefährlichste Tier der Welt", weil sie 30-mal mehr Ressourcen als Kinder in Entwicklungsländern verbrauche. Dabei mag eine Tochter, die Energie aus erneuerbaren Quellen verbraucht, die Umwelt weniger belasten als eine Tochter, die 30-mal weniger Energie verbraucht, dies jedoch durch die Abholzung von Wäldern oder das Nutzen fossiler Brennstoffe tut.
Genauso widersprüchlich wie dieser Vorschlag zur Familienpolitik ist die Idee des Berichts, man könne die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen durch weniger Wachstum erreichen. Es ist richtig, dass Wohlstand und Lebenszufriedenheit nur unzureichend durch Statistiken zum Wirtschaftswachstum abzubilden sind. Richtig ist jedoch auch, dass Wirtschaftswachstum eine notwendige Voraussetzung für Wohlstand ist. Nur wenn die Menschen - neben einer sauberen Umwelt, Sicherheit, einer intakten Familie, sozialem Frieden und vielen anderen Werten - auch Arbeit, höhere Einkommen und Vermögen haben, werden sie ihre Lebenszufriedenheit verbessern können.
Deutschland konnte in vergangenen 70 Jahren hohen Wohlstand erzielen
Wie widersprüchlich die Empfehlungen des neuen Berichts des Club of Rome ist, zeigt auch die Empfehlung, man möge den freien Handel einschränken, um Arbeitsplätze zu sichern. Wenn man dieser Logik in den vergangenen 70 Jahren gefolgt wäre, dann wäre der Lebensstandard in Deutschland heute wohl kaum höher als der in Ländern wie Kuba, die einer ähnlichen Logik gefolgt sind und sich vom Rest der Welt abgeschottet haben. Deutschland hat einen hohen Wohlstand in den vergangenen sieben Jahrzehnten erzielen können, gerade weil es sich für offene Grenzen ausgesprochen hat und durch Exporte gute Jobs und hohe Einkommen schaffen konnte.
Kurzum, der sogenannte Footprint, die Umweltbelastung eines Menschen, hängt weniger von der Menge der genutzten Rohstoffe ab, sondern von deren Nachhaltigkeit. Die Menschheit hat enormen Fortschritt gemacht, diese Nachhaltigkeit zu verbessern, auch wenn der Weg zum Erreichen des Pariser Klimaziels - einer Erderwärmung von weniger als zwei Grad in den kommenden Jahrzehnten - eine riesige Herausforderung ist. Die Lösung liegt nicht in weniger Kindern, sondern in der Nutzung der wichtigsten Ressourcen des Menschen, seiner Kreativität und Innovationskraft.