Rumänien und Bulgarien Impfstoffe in Osteuropa verfallen – weil sie niemand haben will

Die Impfkampagnen in Rumänien und Bulgarien stagnieren, weil viele Bürger sich nicht impfen lassen wollen. Zehntausende Impfdosen mussten bereits vernichtet werden, die Haltbarkeit war abgelaufen.
Impfzentrum in der rumänischen Hauptstadt Bukarest

Impfzentrum in der rumänischen Hauptstadt Bukarest

Foto: Vadim Ghirda / AP

Bulgarien und Rumänien sind eng mit der deutschen Wirtschaft verflochten, etwa durch Autozulieferer. Dort aber kommt die Impfkampagne in der Coronakrise kaum mehr vom Fleck. Immer weniger Menschen wollen sich impfen lassen – was dazu führt, dass die Länder händeringend nach Abnehmern suchen.

Laut einem Bericht von »Bloomberg« wurden bereits Zehntausende Impfdosen vernichtet, weil ihre Haltbarkeit abgelaufen war (hier geht es zum vollständigen Bericht ). Dadurch zeichnet sich ein Problem ab, das weitreichende Folgen auch für die wirtschaftliche Erholung Europas von der Corona-Rezession haben könnte .

In den vergangenen Monaten hat das Tempo der Impfkampagne in der Region rasant nachgelassen. Ließen sich in Rumänien im April im Schnitt noch etwa 100.000 Menschen pro Tag impfen, waren es im Juni nur noch 18.000. Ähnlich sieht es auch in Bulgarien aus. Dort bekamen im April im Schnitt 25.000 Menschen die Spritze gegen Corona, im Juni waren es nur noch 8000.

Genug Impfstoff auch für Argentiniens Rugby-Mannschaft

Das setzt die Regierungen der beiden Staaten doppelt unter Druck. Zum einen müssen sie nach Wegen suchen, die Impfbereitschaft unter ihren Bürgern zu erhöhen. In Rumänien hat sich bislang nur etwa ein Viertel der Bevölkerung impfen lassen. In Bulgarien sieht es noch schlechter aus.

Zum anderen kämpfen beide Länder inzwischen mit dem Problem, dass sie Abnehmer für bereits gelieferte Impfdosen finden müssen, bevor die Haltbarkeit der Impfstoffe abläuft. Im Falle der Präparate von Biontech und AstraZeneca wird diese mit bis zu sechs Monaten angegeben. In Rumänien hat das nach örtlichen Medienberichten bereits Ende Juni dazu geführt, dass 35.000 AstraZeneca-Dosen vernichtet werden mussten. Laut »Bloomberg« läuft in Bulgarien die Haltbarkeit von 20.000 Dosen im Juli ab.

Die Behörden suchen deshalb nach alternativen Verwendungen. Der Impfstoff-Überschuss hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Rumänien zum Beispiel 1,1 Millionen Dosen an Dänemark verkauft hat. Vor einer Partie in Bukarest wurden die Mitglieder der argentinischen Rugby-Nationalmannschaft in Rumänien geimpft.

Die bulgarische Reiseindustrie wiederum hofft, mit den überschüssigen Dosen Impftouristen in das Land zu locken. »Da Bulgarien und damit wir alle für diese Dosen mit unseren Steuern bezahlt haben, schlagen wir vor, sie zu nutzen, um den Impftourismus anzuregen«, zitiert »Bloomberg« Polina Karastojanowa vom Tourismusverband.

Das Problem der geringen Impfbereitschaft der eigenen Bevölkerung lässt sich damit allerdings nicht lösen. Umfragen  zufolge stehen in Bulgarien 60 Prozent der Bevölkerung Impfungen ablehnend gegenüber.

beb
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