Corona-Konjunktur
Bundesbank rechnet mit "sehr kräftigem" Wirtschaftswachstum im Sommer
Die Wirtschaft erholt sich laut Bundesbank deutlich vom Corona-Schock - wohl auch dank Hilfsgeldern. Den schuldenfinanzierten Extrahaushalt der EU kritisiert die Zentralbank aber als "bedenklich".
Getriebe-Montage bei ZF Friedrichshafen im Mai: Weiter Weg zurück zur Normalität
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Es geht wieder aufwärts: Die Konjunktur in Deutschland hat nach dem Corona-Schock laut Bundesbank wieder stark zugelegt "Nach dem starken Einbruch im ersten Halbjahr dürfte die deutsche Wirtschaft im Sommerquartal 2020 sehr kräftig wachsen", heißt es im aktuellen Monatsbericht. "Die deutliche und breit angelegte Erholung der gesamtwirtschaftlichen Leistung, die bereits nach dem Tiefpunkt im April einsetzte, wird sich aus heutiger Sicht fortsetzen."
Der Weg zurück zur Normalität sei aber noch weit, schreiben die Zentralbanker. "Ungeachtet der fortschreitenden Aufholbewegung wird das Vorkrisenniveau jedoch im Sommervierteljahr und darüber hinaus noch erheblich verfehlt."
Internationale Lage belastet deutsche Exporte
Die deutsche Wirtschaft war im zweiten Quartal um 10,1 Prozent eingebrochen. Im Zuge des nun für das dritte Quartal erwarteten Wachstums dürften sich nach Einschätzung der Bundesbank auch die Ausrüstungsinvestitionen erholen. Ein solider Beitrag zur Erholung der Gesamtwirtschaft sei auch von den privaten Konsumausgaben zu erwarten. Entscheidend sei, dass die pandemiebedingten Einschränkungen erheblich gelockert worden seien. Außerdem habe sich die Lage am Arbeitsmarkt etwas stabilisiert. Finanzpolitische Maßnahmen wie die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung hätten die Kauflaune der Verbraucher und deren Einkommen gestützt.
Zugleich mahnte die Bundesbank, die Pandemie sei international in vielen Ländern bislang noch nicht eingedämmt. "Dies beeinträchtigt die deutschen Exporte." Zudem dämpfe die hohe Unsicherheit im Hinblick auf den weiteren Verlauf des Infektionsgeschehens die Investitionsbereitschaft der Firmen im In- und Ausland. Dies wiederum dürfte "einer umfassenden Erholung der Nachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen im Wege stehen", erläuterten die Bundesbankexperten. Bis eine medizinische Lösung - etwa eine Impfung - verfügbar sei, bleibe auch "die Wirtschaftsaktivität in einigen heimischen Dienstleistungsbranchen eingeschränkt".
Um die wirtschaftlichen Folgen der Krise in Europa abzufedern, hatten sich die EU-Staaten im Juli auf einen mehrjährigen Finanzrahmen verständigt, der auch einen schuldenfinanzierten Extrahaushalt zur Bewältigung der Corona-Folgen umfasst. Dieser sieht sowohl Kredite als auch nicht rückzahlbare Zuschüsse für einzelne EU-Länder vor.
"Kreditaufnahme auf der EU-Ebene nicht vorgesehen"
Diese geplante gemeinsame Verschuldung der EU sei ein "bedenkliches Novum", kritisierte die Bundesbank. "Eine Kreditaufnahme auf der EU-Ebene ist in den EU-Verträgen eigentlich nicht vorgesehen." Um Haftung und Kontrolle in der Balance zu halten, wäre ein deutlich stärkerer Integrationsgrad in der EU erforderlich, mahnt die Bundesbank.
Bundesbank begrüßt dieses solidarische Vorgehen grundsätzlich, moniert aber, "dass sich für die wachstumsfördernde Wirkung von EU-Mitteln in der Vergangenheit ein gemischtes Bild zeigte." Derzeit ist die Finanzpolitik weitgehend Sache der EU-Mitgliedstaaten.
Darüber hinaus weisen die Zentralbanker darauf hin, dass die Kreditaufnahme der EU mit Kosten verbunden sei. "Die EU-Schulden werden die künftigen europäischen Steuerpflichtigen belasten, selbst wenn die Schulden nicht in den nationalen Statistiken abgebildet sind." Zins und Tilgung seien weiterhin von den Mitgliedstaaten zu erbringen. "Diese neuen Verpflichtungen aus den EU-Schulden sollten deshalb in die Bewertung der nationalen Staatsfinanzen einfließen."