Corona-Beschränkungen Wirtschaftsweise raten von starrer Öffnung ganzer Branchen ab

Lieber einzelne Betriebe öffnen statt pauschal ganze Branchen - diese Strategie empfehlen die fünf Wirtschaftsweisen als Weg aus dem Lockdown. Entscheidend sollte die effektive Eindämmung der Pandemie sein.
Einkaufszentrum während der Corona-Beschränkungen: Dann öffnen, wenn die Richtlinien eingehalten werden

Einkaufszentrum während der Corona-Beschränkungen: Dann öffnen, wenn die Richtlinien eingehalten werden

Foto: kristen-images.com / Michael Kri/ imago images/Michael Kristen

An den Osterfeiertagen häufen sich die Stellungnahmen von Expertengruppen zu möglichen Exitstrategien aus den Corona-Beschränkungen. So hatte ein von der nordrhein-westfälischen Landesregierung eingesetztes interdisziplinäres Gremium Vorschläge gemacht und unter anderem eine klare Reihenfolge beim Wiederhochfahren der Wirtschaft empfohlen. Auch die Ökonomen Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts und Christoph M. Schmidt, der Präsident des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, haben klare Vorstellungen von einem Neustart.

Nun haben sich die sogenannten Wirtschaftsweisen zu einem sinnvollen Vorgehen geäußert - und raten zu einer differenzierten Strategie: Bei einer möglichen Lockerung der Corona-Beschränkungen sprechen sie sich gegen starre Öffnungen und Schließungen einzelner Branchen aus. Vielmehr sollte die Politik "klare Regeln vorgeben, die helfen, die Virusausbreitung einzudämmen und eine Überlastung des Gesundheitssystems durch schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden", schreiben die fünf Ökonomen in einem Beitrag  für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ("FAS").

Unternehmen und Einrichtungen sollten dann wieder öffnen können, wenn sie die Richtlinien einhielten. "Dieses Vorgehen könnte an die Stelle von sektoral abgestuften behördlichen Vorgaben treten." Die Regeln könnten sich auf Personengruppen sowie auf Unternehmen und Einrichtungen beziehen, empfehlen die Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. "Sie könnten etwa Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, einen Mindestabstand zwischen Personen oder eine maximale Personenzahl pro Quadratmeter, notwendige Schutzbekleidung oder Hygienevorschriften umfassen."

Unterschiedliche Regeln je nach Region

Zudem sollten nach den Vorstellungen der Wirtschaftsweisen Abwägungen möglich sein. "So könnten, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, strengere Anforderungen an die Schutzbekleidung gestellt werden." In der Ausarbeitung der Regeln sollte eine Expertenkommission beraten, die mit Vertretern unterschiedlicher Disziplinen besetzt sei, schreiben die Sachverständigen in der "FAS". Solche Vorgaben sollten in zeitlichen Abständen schrittweise festgelegt sowie regelmäßig evaluiert und angepasst werden. Wichtig seien dabei eine klare Kommunikation und Durchsetzung, nicht zuletzt, um das Vertrauen in das Wirken der festgelegten Regeln aufzubauen.

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Am 31. Dezember 2019 wandte sich China erstmals an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Millionenstadt Wuhan häuften sich Fälle einer rätselhaften Lungenentzündung. Mittlerweile sind mehr als 180 Millionen Menschen weltweit nachweislich erkrankt, die Situation ändert sich von Tag zu Tag. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über alle SPIEGEL-Artikel zum Thema.

"Die Vorgaben bieten den Unternehmen und Haushalten Orientierung und können Unsicherheiten abbauen, die derzeit wirtschaftliche Aktivität hemmen", heißt es in dem Beitrag weiter. Dabei könnten unterschiedliche Regionen unterschiedliche Regeln haben: "Je nach Betroffenheit und Kapazität des Gesundheitssystems könnten unterschiedlich strenge Vorgaben gelten." Differenzierte Reisebeschränkungen müssten dabei übermäßigen Personenverkehr verhindern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Mittwoch über die nächste Phase des Kampfs gegen das neuartige Coronavirus beraten. Dann soll es auch um die Frage gehen, wie es mit den bislang bis zum 19. April befristeten Kontaktbeschränkungen und weiteren Maßnahmen weitergeht.

fdi/AFP
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