Ifo-Berechnung Schulausfall kostet zukünftige Generationen bis zu 3,3 Billionen Euro

Homeschooling und Distanzunterricht können geöffnete Schulen nicht ersetzen, warnt das Ifo-Institut. Eine ganze Generation Schüler werde ökonomisch abgehängt, ohne die Chance, die Verluste wieder aufzuholen.
Foto: Michael Weber IMAGEPOWER/ imago images/Michael Weber

Bildungsforscher und Ökonomen sind sich seit Langem einig: Den Preis für geschlossene Schulen zahlen in der langen Frist die Schüler selbst, weil ihnen teils essenzielle Bildung entgeht. Doch wie lässt sich der Schaden genau beziffern?

Das Münchner Ifo-Institut hat es versucht – und kommt auf verstörend hohen Zahlen. Auf bis zu 3,3 Billionen Euro könnten sich die negativen Folgen der Schulschließungen während der Pandemie belaufen. Die Auswirkungen beträfen sowohl die einzelnen Schüler, durch Folgeeffekte aber auch die gesamte Volkswirtschaft, sagte der Bildungsökonom des Ifo-Instituts, Ludger Wößmann, dem »Handelsblatt« (den Artikel der Zeitung finden Sie hier ).

»Nichts ist in der Bildungsökonomie so gut dokumentiert wie der Zusammenhang von Bildung und Einkommen«. Sollten die Schulen bis Ende Februar geschlossen bleiben, müsse von einem Verlust beim Lebenseinkommen der Schüler im Schnitt von 4,5 Prozent ausgegangen werden, warnte Wößmann.

Auf die Volkswirtschaft hochgerechnet würde sich als Folge von 18 Wochen Schulausfall – zwölf Wochen im Frühjahr 2020 und weitere sechs jetzt – ein Verlust von 3,3 Billionen Euro bis zum Ende des Jahrhunderts ergeben, errechnete Wößmann für das »Handelsblatt«. Sollte Deutschland die Pandemie nicht in den Griff bekommen und müssten die Schulen daher sogar bis Ende März geschlossen halten, wären es sogar mehr als vier Billionen Euro.

»Dieser massive Schaden wird aller Voraussicht nach auch trotz des Digitalunterrichts eintreten«, prognostiziert der Ifo-Forscher. Eine Studie in den Niederlanden habe gezeigt, dass die achtwöchigen Schulschließungen dort in der jährlichen Abschlussprüfung im Durchschnitt zu einem Lernverlust von rund 20 Prozent eines Schuljahres geführt hätten.

Es ändere auch nichts am Gesamtbild, dass Kinder von Eltern mit höherem Bildungsabschluss im Homeschooling teils gut gefördert würden und wenig versäumten. Bei Kindern aus bildungsfernen Schichten seien im Fall der Niederlande die Verluste noch deutlich größer als ein Fünftel. Und es sei bekannt, dass »gerade schwächere Schüler auch in Deutschland ihre Lernzeit während der Schulschließungen besonders stark verringert haben«, so Wößmann im »Handelsblatt«.

beb/afp
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