Deflation in der Eurozone Billig, cheap, bon marché

Printemps-Kaufhaus in Paris: Kerninflation auf Rekordtief
Foto: © Charles Platiau / Reuters/ ReutersWenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.
Brüssel/Luxemburg - Der Ölpreis stürzt regelrecht ab und mit ihm auch die Inflationsrate in der Eurozone. Im Januar sind die Verbraucherpreise im gemeinsamen Währungsraum laut der Statistikbehörde Eurostat um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Das ist der stärkste Preisrückgang seit Bestehen der Eurozone. Nur im Juli 2009 fielen die Lebenshaltungskosten in gleichem Maße.
Der aktuelle Preisrückgang fällt überraschend hoch aus: Ökonomen hatten mit einer Rate von minus 0,5 Prozent gerechnet. Zum starken Trend in der Eurozone hat offenbar auch die Entwicklung in Deutschland beigetragen. In der Bundesrepublik waren die Verbraucherpreise im Januar zum ersten Mal seit mehr als fünf Jahren gefallen, nämlich um 0,3 Prozent.
Die Energiepreise lagen sogar um 8,9 Prozent tiefer als noch vor einem Jahr. Öl ist im Vergleich zum vergangenen Sommer sogar weniger als halb so teuer. Auch Lebensmittel sind günstiger als noch vor einem Jahr, der Preis für unverarbeitete Nahrungsmittel fiel um 0,9 Prozent. Industriegüter kosteten 0,1 Prozent weniger. Nennenswerten Preisauftrieb gab es nur bei Dienstleistungen, die sich um 1,0 Prozent verteuerten.
Dass die Entwicklung nicht allein auf fallende Energiepreise zurückgeht, zeigt die Kerninflationsrate. Sie ist mit 0,5 Prozent zwar positiv. Allerdings liegt die um Energie sowie Lebens- und Genussmittel bereinigte Teuerung so tief wie noch nie im Euroraum. Von Dezember auf Januar ging sie um 0,2 Prozentpunkte zurück.
Bereits vor einer Woche hatte die Europäische Zentralbank (EZB) eine historische Entscheidung getroffen, um die drohende Deflation - also die Gefahr einer gefährlichen Abwärtsspirale aus fallenden Preisen und schwacher Konjunktur - zu bekämpfen.
Die Zentralbank beschloss, von März 2015 an bis mindestens September 2016 jeden Monat Staatsanleihen und andere Wertpapiere für 60 Milliarden Euro zu kaufen. Insgesamt wird sie so weit mehr als eine Billion Euro in das Finanzsystem pumpen.
Das Vorgehen der EZB ist unter Volkswirten und Politikern sehr umstritten. Allerdings unterstützen die aktuellen Inflationszahlen den Kurs der Zentralbank. Sie ist dazu verpflichtet, Preisstabilität zu gewährleisten. Diese gilt als gegeben, wenn die Verbraucherpreise um knapp zwei Prozent im Jahr steigen. Zuletzt lag die Inflation Anfang 2013 in diesem Bereich - seitdem ist die Teuerungsrate fast durchgehend von Monat zu Monat gefallen.

Eine weitere Überraschung teilten die EU-Statistiker am Freitag in Bezug auf den Arbeitsmarkt am Ende des vergangenen Jahres mit. Die Erwerbslosenquote ging in den 19 Staaten der Eurozone im Dezember um 0,1 Prozentpunkte zurück, liegt aber noch bei 11,4 Prozent und damit auf hohem Niveau. In den fünf Monaten zuvor hatte sie durchgehend bei 11,5 Prozent gelegen.
Die Quote erreichte damit im Dezember den niedrigsten Wert seit August 2012. Konkret waren 18,129 Millionen Menschen arbeitslos und damit 157.000 weniger als im Vormonat. Am höchsten liegt der Anteil der Erwerbslosen in Griechenland, wo die Quote im Oktober bei 25,8 Prozent lag, und in Spanien (23,7 Prozent). Die niedrigsten Arbeitslosenquoten gab es in Deutschland (4,8 Prozent) und Österreich (4,9 Prozent).
Zusammengefasst: Im Januar sind die Verbraucherpreise in der Eurozone gefallen, zum zweiten Mal in Folge und überraschend stark. Hauptgrund: billiges Öl und billige Lebensmittel. Ebenfalls unerwartet ist auch die Arbeitslosigkeit im Euroraum leicht zurückgegangen.
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