Deutsche Atomkraftwerke Bundesregierung verschleiert Herkunft von Uran

Von wo bezieht Deutschland das Uran für die Atomkraftwerke? Ganz klar ist das nicht. Denn Frankreich, einer der wichtigsten Lieferanten, ist selbst nur Zwischenhändler - möglicherweise für Brennstoff aus Niger. Die Regierung hält genauere Informationen über die Herkunft dennoch für überflüssig.
Uranmine in Niger: Woher stammt der deutsche Kernbrennstoff?

Uranmine in Niger: Woher stammt der deutsche Kernbrennstoff?

Foto: ISSOUF SANOGO/ AFP

Hamburg - Auch nach der Atomwende verschleiert die Bundesregierung nach SPIEGEL-Informationen weiterhin die Herkunft des Urans für die deutschen Kraftwerke. In Antworten  auf parlamentarische Anfragen der Grünen und der Linken verweigert die Regierung genaue Angaben darüber, wie viel Nuklearbrennstoff aus Lieferländern wie Niger oder Kasachstan stammt.

Das Gros seines Bedarfs importiere Deutschland aus Frankreich und Großbritannien, erläutert die Bundesregierung. 2009 lieferte Frankreich 44 Prozent, 2008 sogar 55 Prozent. Weitere 30 beziehungsweise 22 Prozent kamen aus Großbritannien. Doch der Rohstoff wird in diesen Ländern nicht abgebaut, sondern nur aufbereitet und zwischengehandelt. Die Regierung schreibt, genauere Informationen über die Herkunft seien "nicht erforderlich und nicht verfügbar".

Expertenschätzungen zufolge bezieht das Lieferland Frankreich ein Viertel seines Urans aus Niger. Frankreich war dort bis 1960 Kolonialmacht, noch vor der Unabhängigkeit des afrikanischen Landes gründeten die Franzosen in dem Land die erste Minengesellschaft, der Atomkonzern Areva schürft seitdem in Afrika. Doch reich geworden ist Niger durch seine großen Uranvorkommen nicht, ganz im Gegenteil - der Staat zählt zu den ärmsten der Welt.

In Niger würden die verheerenden Auswirkungen des Uranabbaus besonders deutlich, schreiben Abgeordnete der Linken in ihrer Anfrage . Notwendige Sicherheitsmaßnahmen - wie zum Beispiel Atemschutzmasken für Minenarbeiter - seien jahrzehntelang missachtet worden. Radioaktiver Abraum werde unter freiem Himmel gelagert.

Greenpeace-Experten gehen davon aus, dass in den Minenstädten Arlit und Akokan die Gesundheit von 80.000 Menschen durch die radioaktive Belastung gefährdet ist. Die Umweltschützer hatten im November 2009 Strahlenwerte in Niger ermittelt. Der Entwicklungsexperte Niema Movassat (Linke) wirft der Bundesregierung vor, es sei ihr "gleichgültig, dass beim Abbau des Urans die Lebensgrundlagen der Menschen im Niger ruiniert und ein korruptes Regime gestützt werden".

Die Grünen machten in ihrer Anfrage  auf ein weiteres Problem des Uranabbaus aufmerksam: 75 Prozent der weltweiten Uranvorräte lägen in Regionen, in denen indigene Bevölkerungsgruppen lebten. "Uranbergbau zerstört ihre Lebensgrundlagen und ihre Kultur, ihre heiligen Stätten und auf viele Generationen hinaus ihre Gesundheit."

Mehr dazu im aktuellen SPIEGEL auf Seite 14

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