Deutsche Banken in Krisenländern Wir sind dann mal noch da

Nix wie raus: Fast alle europäischen Banken reduzieren ihre Kredite an Griechenland und andere Krisenländer drastisch - nur nicht die deutschen. Warum bloß?
Spanische Nationalbank in Madrid: Franzosen auf der Flucht

Spanische Nationalbank in Madrid: Franzosen auf der Flucht

Foto: ? Andrea Comas / Reuters/ REUTERS

Hamburg - Bald ist wieder Hauptsaison. Spanien, Griechenland und Portugal erwarten dann Millionen von erholungsbedürftigen Nordeuropäern, die nur ein Motto kennen: Ab in den Süden! Doch für viele Banken in den Heimatländern der Urlauber gilt seit gut einem Jahr ein ganz anderes Motto: Nichts wie weg hier.

Neue Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) belegen, dass sich Institute aus Frankreich, Großbritannien und anderen Staaten im Angesicht der Schuldenkrise zunehmend aus den Krisenländern zurückziehen. Massenweise stoßen sie Staatsanleihen ab, mit denen sich die Länder bislang bei ihnen Geld geliehen hatten. Nur eine Gruppe von Banken scheint dem Trend weitgehend zu widerstehen: die deutschen.

Besonders deutlich zeigt sich der Unterschied im Vergleich zu französischen Banken. Sie reduzierten ihre Kredite an den griechischen Staat zwischen dem ersten und vierten Quartal 2010 um 44 Prozent. In Spanien verringerte sich ihr Engagement um gut ein Drittel und in Portugal sogar um knapp 60 Prozent. Auch im Krisenstaat Irland ging der Umfang französischer Kredite um 54 Prozent zurück - siehe Grafiken:

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Grafiken: Bankenflucht aus den Krisenländern

Foto: SPIEGEL ONLINE

Deutsche Banken dagegen haben ihren Bestand an Staatsanleihen der Länder laut BIZ nur leicht verringert. Ihr Anteil an griechischen Papieren etwa sank zwischen erstem und viertem Quartal 2010 um gerade einmal zwei Prozent, der Anteil spanischer Anleihen reduzierte sich um knapp fünf, der an irischen um knapp neun Prozent. Am deutlichsten war mit 21 Prozent noch der Rückgang portugiesischer Schuldscheine. Insgesamt löste Deutschland Frankreich als größten Gläubiger der sogenannten Peripherie-Staaten Europas ab.

Ehrenerklärung mit Ackermann

Warum aber bleiben gerade deutsche Banken den Krisenländern treu? Nach Bekanntwerden der neuen BIZ-Zahlen war eine Erklärung schnell bei der Hand: Die Institute halten sich an ein Versprechen gegenüber Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus dem Mai 2010.

Damals - die Euro-Staaten hatten gerade hastig einen Rettungsschirm für Griechenland gezimmert - gab die Branche eine Art Ehrenerklärung ab: Die Banker unter Führung von Josef Ackermann wollten einen "spürbaren, positiven Beitrag" zur Rettung Griechenlands leisten. Zu diesem De-facto-Hilfsprogramm gehörte, griechische Anleihen während der dreijährigen Laufzeit des Hilfsprogramms von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht zu verkaufen und auslaufende Papiere durch neue zu ersetzen.

"Wir haben uns an die Abmachung gehalten", heißt es auf Nachfrage bei mehreren deutschen Banken. Doch das Versprechen galt nur für Griechenland, nicht für andere Krisenländer. Haben die deutschen Banken etwa generell ein besonders großes Herz für Pleitekandidaten?

"Ich glaube nicht, dass die Institute Herrn Schäuble Hilfestellung geben wollte," sagt Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums. "Sie haben darauf gezählt, dass der europäische Steuerzahler das Problem löst." Schon kurz nach dem Rettungspaket für Griechenland hatten die Euro-Länder schließlich den allgemeinen Rettungsschirm EFSF beschlossen, der für Kredite von bis zu 440 Milliarden Euro garantieren kann. Zunächst schien es so, als könnte diese enorme Summe die Märkte beruhigen.

Die anderen haben sich aus dem Staub gemacht

Nachdem mittlerweile jedoch auch Irland und Portugal Finanzhilfen beantragen mussten und sich die Misere Griechenlands als hartnäckig erweist, wachsen die Forderungen nach einer Umschuldung: Für griechische Staatsanleihen sollen längere Laufzeiten, niedrigere Zinssätze oder gar ein Verzicht auf einen Teil der Forderungen vereinbart werden.

Besonders die Bundesregierung beharrt darauf, an einer möglichen Umschuldung private Banken zu beteiligen. Legt man aber die jüngsten BIZ-Zahlen zugrunde, so wären vor allem deutsche Banken betroffen - andere Institute hätten sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht. Zwar dürften die deutschen Institute eine griechische Umschuldung verkraften, zumal rund ein Drittel der Kredite auf das Konto der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) geht. Allerdings ist fraglich, ob das Engagement in Krisenländern nicht auf Dauer zum Wettbewerbsnachteil wird.

Ohnehin gibt es aber Zweifel daran, dass sich die Geldhäuser strikt an ihr Versprechen gegenüber Schäuble halten. Bereits Anfang des Jahres hatte ein Bericht des Bundesfinanzministeriums kritisiert, die Institute würden ihre Zusagen zum Kauf neuer Staatsanleihen nicht erfüllen . Derzeit werden im Ministerium nun neue Angaben der Banken ausgewertet - das Ergebnis soll in rund einer Woche vorliegen.

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