100 Milliarden Einsparungen seit 2010 So stark profitiert der deutsche Staat von der Eurokrise

Wegen der Eurokrise kaufen Investoren bevorzugt deutsche Staatsanleihen. Dadurch sparen die öffentlichen Haushalte Zinsen - laut einer aktuellen Studie allein von 2010 bis heute rund 100 Milliarden Euro.
Demonstranten vor dem Parlament in Athen (Archiv): Protest gegen Spardiktat

Demonstranten vor dem Parlament in Athen (Archiv): Protest gegen Spardiktat

Foto: © Yannis Behrakis / Reuters/ REUTERS

Die Finanzhilfen für Griechenland und die Verhandlungen darüber sind umstritten. Dabei profitiert Deutschland auch von der Krise in den Euroländern und besonders der in Griechenland, wie aus einer aktuellen Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervorgeht: Laut den Berechnungen haben die öffentlichen Haushalte in Deutschland von 2010 bis heute rund hundert Milliarden Euro gespart.

Die Summe lasse sich zumindest zum Teil direkt auf die Krise zurückführen, teilte das IWH mit. "Deutschland hat finanziell stark von der Griechenlandkrise profitiert", heißt es in der Mitteilung . Wegen der Krise versuchten Investoren, ihr Geld sicher anzulegen und kauften bevorzugt deutsche Staatsanleihen. Denen wird von allen großen Ratingagenturen ein sehr geringes Risiko bescheinigt.

"Jedes Mal, wenn es für die Finanzmärkte in den letzten Jahren negative Neuigkeiten zum Thema Griechenland gab, fielen die Zinsen auf deutsche Staatsanleihen", konstatieren die IWH-Experten. So seien die Zinsen auf Bundesanleihen im Januar an einem einzigen Tag um 0,3 Prozentpunkte gesunken, als sich ein Sieg der inzwischen regierenden Syriza-Partei abzeichnete. Auch die Anleihen anderer Länder - etwa die der USA, Frankreichs oder der Niederlande - hätten profitiert, "aber in einem deutlich kleineren Ausmaß".

Krisenländer helfen öffentlichen Haushalten beim Zinsensparen

Wird die Griechenlandkrise damit für Deutschland sogar zu einem guten Geschäft? Das IWH schreibt: "Diese Einsparungen übertreffen die Kosten der Krise - selbst dann, wenn Griechenland seine Schulden komplett nicht bedienen würde. Deutschland hat also in jedem Fall von der Griechenlandkrise profitiert."

Ob die Einsparungen für den deutschen Haushalt die Kosten der Krise tatsächlich übertreffen, ist aber zumindest umstritten. Den deutschen Anteil an den bisherigen Rettungspaketen für Griechenland, der auf rund 90 Milliarden Euro beziffert wird, kann man nicht ohne Weiteres den genannten 100 Milliarden gegenüberstellen - eben weil sich diese Summe nur zum Teil direkt auf die Krise zurückführen lässt. Zudem ist noch unklar, welche zusätzlichen Kosten auf Deutschland zukommen könnten, wenn sich die Krise in Griechenland weiter verschärft.

Auf keinen Fall ist die Krise in Griechenland alleinige Ursache für die Zinseinsparungen. "Der wesentliche Treiber für die niedrigen Zinsen ist die konjunkturelle Schwäche im Euroraum", sagt Jens Boysen-Hogrefe, stellvertretender Leiter des Prognosezentrums am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Also: Auch die Krise in anderen Euroländern wie Italien und Spanien drückt die Zinsen für Deutschland.

Im Gegensatz zum deutschen Staat würden viele Bürger durch die niedrigen Zinsen allerdings auch Geld verlieren. Denn was der hochverschuldete Staat spart, entgeht den Vermögensbesitzern bei der Rendite auf ihre Guthaben.

bos/dpa/Reuters
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