Deutschland in Zahlen Wer hat, dem wird gegeben

Euroscheine (bei der Bundesbank)
Foto: Bernd Wüstneck/ dpaDurch Arbeit wird kaum jemand reich in Deutschland. Nur in seltenen Fällen sind Löhne so hoch, dass sich Arbeitnehmer damit ein nennenswertes Vermögen aufbauen können. Wer dagegen schon wohlhabend ist, kann sein Kapital meist noch mehren - durch lukrative Investitionen. Das können beispielsweise Börsenspekulationen sein oder der Aufbau von Unternehmen.
In den vergangenen Jahren ist die Debatte über die zunehmend ungleiche Verteilung von Wohlstand mit einer ganzen Reihe von Studien unterfüttert worden. Der französische Ökonom Thomas Piketty vertritt in seinem Buch "Das Kapital im 21. Jahrhundert" die These, dass die Konzentration von Vermögen seit Mitte des 20. Jahrhunderts deutlich gestiegen ist. Die ohnehin Wohlhabenden werden demnach immer reicher. Zwar ist Pikettys Buch nicht unumstritten, aber eine ganze Reihe von Ökonomen stützen seine Thesen, wie beispielsweise der Brite Anthony Atkinson.
Auch in Deutschland sind die Vermögen ungleich verteilt: Die reichsten 20 Prozent besitzen rund Dreiviertel der Nettovermögen. Aber werden die Wohlhabenden immer noch reicher? Aufschluss darüber gibt das Verhältnis zwischen Arbeitseinkommen und Vermögenseinkommen und wie es sich verändert. Exakte Zahlen darüber gibt es nicht, aber es gibt gute Annäherungen.
Die sogenannte Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) stellt die zentralen Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit gegenüber. Dabei wird nicht die Gesamtwirtschaft betrachtet, aber immerhin fast drei Viertel der Arbeitnehmerentgelte. Ausgeblendet werden dagegen Personengesellschaften sowie der Staat und Organisationen ohne Erwerbszweck. In den Vermögenseinkommen sind auch Einkünfte enthalten, die nicht aus der Produktion stammen, wie beispielsweise Mieteinnahmen.
Eine weitere Unschärfe: Auch abhängig Beschäftigte können Einkommen aus unternehmerischer Tätigkeit, Kapitalanlagen oder staatlichen Transferleistungen beziehen. Insgesamt aber ist die VGR die beste Annäherung an die Frage, wie sich Lohneinkommen und Gewinneinkommen in den vergangenen Jahren entwickelt haben.
In den Daten ist zu beobachten, dass sowohl die Arbeitnehmerentgelte als auch die Gewinneinkommen seit 1991 weitgehend parallel gestiegen sind - bis zum Jahr 2003. Danach schießen die Gewinneinkommen bis 2007 um fast 60 Prozentpunkte in die Höhe - fast zehnmal so viel wie die Arbeitnehmerentgelte. In der Finanzkrise brachen die Gewinne wieder ein und fielen bis 2009 auf das Niveau von 2005 zurück - während die Löhne kontinuierlich weiterwachsen.

Nur zwei Jahre später aber, im Jahr 2011, hatten die Gewinneinkommen wieder das Vorkrisenniveau erreicht und sich erneut von den Löhnen abgekoppelt. Erst seit 2013 steigen beide Werte parallel um durchschnittlich etwa sechs Prozentpunkte pro Jahr an. Insgesamt aber sind die Einkommen der Unternehmen und aus Vermögen seit 1991 mit 94 Prozentpunkten deutlich stärker gestiegen als die Löhne und Gehälter mit gut 80 Prozent.
Über die Verteilung der Lohnsteigerungen auf die unterschiedlichen Lohngruppen sagt diese Rechnung nichts aus; andere Erhebungen zeigen allerdings, dass die untere Hälfte in einem ähnlichen Zeitraum (1995 - 2015) sogar Reallohnverluste hinnehmen musste.