Milliardenlöcher wegen Corona
Zwei Drittel der Kommunen wollen Steuern und Gebühren erhöhen
Höhere Gebühren für Wasser, Müll und Parken: Die Coronakrise reißt Milliardenlöcher in die Haushalte von Städten und Gemeinden. Die wollen nun auf breiter Front mit steigenden Abgaben gegensteuern.
Klamme Kommunen – auch der öffentliche Nahverkehr muss finanziert werden
Foto: Frank Rumpenhorst / dpa
Städten und Gemeinden geht in der Coronakrise das Geld aus – viele wollen daher die Steuern und Gebühren erhöhen. 64 Prozent der deutschen Kommunen planen dies, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) unter 300 Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern hervorgeht. Ein Drittel plant höhere Gebühren für Wasserversorgung sowie Straßenreinigung und Müllentsorgung.
Auch die Parkgebühren sollen den Angaben zufolge in 29 Prozent der befragten Kommunen steigen. 21 Prozent planen eine höhere Grundsteuer für die Bürger. 23 Prozent der Städte und Gemeinden wollen laut EY ihr kommunales Angebot einschränken.
Knapp die Hälfte erwartet Haushaltsdefizit
»Die Pandemie hat die Kommunen bei ihren Bemühungen um eine finanzielle Gesundung um Jahre zurückgeworfen«, sagt Bernhard Lorentz von EY. Trotz erheblicher Finanzhilfen von Bund und Ländern stieg die Verschuldung voraussichtlich sprunghaft an: 47 Prozent der befragten Kommunen erwarteten für das Gesamtjahr 2020 ein Haushaltsdefizit. Von 2015 bis 2019 waren die Schulden der deutschen Gemeinden noch von 144,2 auf 131,4 Milliarden Euro zurückgegangen.
»Und für die kommenden drei Jahre rechnet jede zweite Kommune mit einem weiteren Schuldenanstieg«, erklärte Lorentz weiter. »Gerade einmal 18 Prozent gehen davon aus, Schulden abbauen zu können.«
Trotz der Probleme im Zuge der Coronavirus-Pandemie haben viele Gemeinden mehr Geld für Schulen bereitgestellt oder planen dies für 2021. Gleiches gilt für die IT-Infrastruktur. »Die Coronakrise hat zu neuen politischen Prioritäten geführt und gerade bei der Digitalisierung und der Ausstattung der Schulen Handlungsbedarf aufgezeigt«, so Lorentz.
Bund-Länder-Hilfen haben finanzielle Katastrophe verhindert
Dabei haben Bund und Länder der Studie zufolge mit umfangreichen Hilfen eine finanzielle Katastrophe bei den meisten Kommunen verhindert. Zwar brach die für Gemeinden besonders wichtige Gewerbesteuer 2020 durchschnittlich um 15 Prozent ein, doch gingen die Gesamteinnahmen nur um 4,3 Prozent zurück. Die Berater führten das auf die umfassenden Finanzspritzen zurück, »die im Durchschnitt zehn Prozent der Gesamteinnahmen der Kommunen ausmachten«. Doch die Gewerbesteuereinnahmen brachen im Schnitt um 15 Prozent ein – ohne Aussicht auf baldige Normalisierung.
Für 2021 rechnet laut EY nur jede dritte Kommune mit Gewerbesteuereinnahmen auf dem Niveau von 2019. 22 Prozent der Kämmerer rechnen dagegen mit einem weiterhin um mindestens zehn Prozent geringeren Betrag als im Vorkrisenjahr. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will, dass der Bund stärker hilft, und könnte dies zum Wahlkampfthema machen. Die Union ist hier vorsichtiger, sie sieht eher die Länder in der Pflicht.