Trotz Branchenboom Paketzusteller verdienen deutlich weniger als vor zehn Jahren

Die Paketbranche erlebt in Deutschland einen derartigen Boom, dass die Konzerne große Probleme haben, geeignetes Personal zu finden. Dennoch sind die Verdienste der Paketzusteller in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren stark gesunken. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei hat von 2007 bis 2017 das mittlere Bruttomonatsentgelt eines Zustellers um 13 Prozent auf 2478 Euro abgenommen. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft sind im gleichen Zeitraum die Löhne um knapp 24 Prozent gestiegen.
"Da in dieser Statistik die ausländischen Subunternehmer nicht miterfasst sind, sieht die Realität in der Branche tatsächlich noch düsterer aus", sagte Linken-Politiker Pascal Meiser der "Rheinischen Post". Er forderte, dass die Paketzustellung wie die Briefzustellung an eine Lizenz geknüpft werde, die bei Rechtsverstößen entzogen werden könne. Zudem seien verstärkte Kontrollen nötig.
Ver.di-Chef Frank Bsirske beklagte bereits im Februar die Missstände in der Branche: Weil Subunternehmer günstigere Preise versprechen, stellten sie Fahrer mit langen Arbeitszeiten und Stundenlöhnen weit unter dem gesetzlichen Minimum ein. Bsirske sprach von teils "mafiösen Strukturen". "Unternehmen wie Hermes engagieren Firmen, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland in die Lieferfahrzeuge setzen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Stundenlöhne von 4,50 Euro oder sechs Euro bei Arbeitszeiten von zwölf oder sogar 16 Stunden pro Tag seien keine Ausnahme.
Post setzt tariflicher Zweiklassengesellschaft ein Ende
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, nach dem Dienstleister auch dann für die Einhaltung der Arbeitsbedingungen und die Zahlung von Sozialabgaben verantwortlich sein sollen, wenn sie für die Zustellung Subunternehmen einsetzen.
Unterdessen hatte kürzlich die Deutsche Post entschieden, die 13.000 Pakteboten aus den Regionalgesellschaften wieder in den Haustarif zu überführen. Die Post hatte die DHL-Zusteller 2015 in Tochtergesellschaften ausgegliedert, um Lohnkosten zu sparen. Post-Chef Frank Appel erklärte, mit der Vereinbarung "grenzen wir uns bewusst von einem Niedriglohnwettbewerb in der Branche ab". Das Post-Management verhandelte mit Ver.di seit vergangenem Dezember. Am Ende stand eine Einigung, bei der beide Seiten Zugeständnisse machten.
So werden die Zusteller aus den Tochtergesellschaften und neue Mitarbeiter länger auf ihre Lohnerhöhungen warten müssen. Die Zeit bis zur nächsten Lohnstufe verlängert sich von derzeit zwei Jahren auf drei bis vier. Dafür wurde aber der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen um drei Jahre bis Ende 2022 verlängert. Zudem wird die Post bis Ende 2020 darauf verzichten, Zustellungsbezirke an Dienstleister auszulagern.
Für die betroffenen Mitarbeiter aus den Tochtergesellschaften, die bislang teils deutlich weniger Lohn erhielten als ihre nach Haustarif bezahlten Kollegen, wird es einige Übergangsregeln geben. Die meisten werden laut Verdi ab Geltungsbeginn der Vereinbarung im Juli ein unmittelbares Lohnplus spüren. Mitarbeiter in Bayern und Baden-Württemberg, die bislang mehr Geld bekamen als im Haustarifvertrag, sollen hingegen keine Einbußen hinnehmen müssen.