Sorge vor weltweitem Abschwung Letzte Hoffnung Trump

Donald Trump am 10. April 2019 vor Arbeitern in Texas
Foto: Evan Vucci/ APDer aktuelle US-Präsident war bislang nicht gerade als Freund des Internationalen Währungsfonds (IWF) bekannt.
Die Washingtoner Behörde soll überschuldete Staaten vor der Pleite und die Weltwirtschaft vor Schaden bewahren. Doch für Donald Trump zählt nur, welchen Nutzen das für Amerika bringt. Und da ist für ihn das Urteil eindeutig: Der IWF gehört zu jenen fehlgeleiteten globalen Institutionen, die unter dem Vorwand der Gemeinnützigkeit die USA über den Tisch ziehen wollen.
Umso überraschender ist es nun, dass ausgerechnet Trump bei der aktuellen IWF-Frühjahrstagung in Washington als Hoffnungsträger gehandelt wird. Der US-Präsident müsse sich mit Chinas Staatschef Xi Jinping endlich auf ein Handelsabkommen einigen, fordern die Finanzminister und Notenbankchefs. Dann könne die Konjunktur belebt und eine weltweite Wachstumsflaute abgewendet werden.
IWF-Chefin Christine Lagarde hatte schon zu Beginn des Treffens den Ton gesetzt. Die Weltwirtschaft befinde sich in einem "synchronen Abschwung", hatte sie gesagt und könne "keine weiteren Schäden" verkraften. Gemeint waren die Handelskonflikte, die Trump mit China und Europa angezettelt hat. Und so drängte auch der deutsche Finanzminister Olaf Scholz bei seiner Ankunft in Washington umgehend auf eine Ende der Zollkonflikte. Es gelte, für ein "sicheres Umfeld" zu sorgen, in dem die Wirtschaft gefahrlos investieren könne.
Weltpolitik paradox: Ausgerechnet Trump, der ausschließlich in nationalen Kategorien denkt, soll nun die internationale Wirtschaft retten.
Eigentlich müsste auch Trump an einer Lösung interessiert sein
Die verrückte Konstellation zeigt nicht nur, wie sehr die Weltwirtschaft von den Launen des US-Präsidenten abhängig ist. Sondern auch, wie wenig Spielraum den Regierungen im Kampf gegen einen Abschwung geblieben ist. Zehn Jahre nach dem letzten großen Wirtschaftseinbruch haben die Finanz- und Geldpolitiker offenbar keine Rezepte mehr, um die sieche Weltkonjunktur zu therapieren.
Die Notenbanker in aller Welt haben die Zinsen bereits auf ein historisches Niedrigniveau gesenkt. Mehr ist kaum vorstellbar, um die Kreditvergabe anzukurbeln. In den USA und China sind die Möglichkeiten für weitere Steuersenkungen oder Ausgabenprogramme begrenzt. Und in Europa gibt es den üblichen Streit zwischen Nord und Süd. Während Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire solvente Euroländer wie Deutschland, die Niederlande oder Finnland auffordert, mehr Geld auszugeben, wollen die ihre Kassen verschlossen halten. Es gebe derzeit keine Konjunkturkrise, so heißt es in der Berliner Regierung, also gebe es auch keine Notwendigkeit für Konjunkturprogramme.
Stattdessen setzen Scholz und Co. nun alle Hoffnungen auf Trump und einen Sieg der Vernunft in der US-Administration. Schließlich wird in Washington schon seit Wochen von einem großen Deal mit Peking geraunt. Und schließlich kann auch Trump kein Interesse an einer Eskalation im Handelsstreit haben - würde das gleichzeitig mit der Welt- doch auch die US-Konjunktur treffen.
Eskalation vorprogrammiert
Doch ob das Kalkül aufgeht, ist mehr als fraglich. Zum einen tut Trump selten das, was andere von ihm erwarten. Und zum anderen hat er seinen Wählern Erfolge im Handelskonflikt versprochen. Die Europäer seien "brutale Handelspartner", twitterte Trump gestern, doch das werde "sich ändern". Kurz: Sie sollten sich im Handelsstreit mit den USA schon mal auf eine Eskalation gefasst machen.
Too bad that the European Union is being so tough on the United Kingdom and Brexit. The E.U. is likewise a brutal trading partner with the United States, which will change. Sometimes in life you have to let people breathe before it all comes back to bite you!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) April 11, 2019
Und so ist es nicht unwahrscheinlich, dass diejenigen, die jetzt alle Hoffnungen auf Trumps Lernfähigkeit setzen, am Ende selbst gefordert sind. Bricht die Weltkonjunktur infolge der Handelsstreitigkeiten ein, so lautet die Folgerung auf der IWF-Tagung, wird der Druck auf Deutschland steigen, einem europäischen Konjunkturprogramm zuzustimmen. Es sei denn, die Bundesregierung schafft es, den US-Präsidenten auf andere Weise zu besänftigen: durch Zugeständnisse in der Handelspolitik.