Trumps neue Strafzölle gegen China "Das wird jeden Amerikaner treffen, der einkauft"

Kassenbereich eines Walmart im kalifornischen Burbank: Die neuen Strafzölle gegen China, die Präsident Trump am Donnerstag ankündigte, werden demnächst für Amerikaner beim Einkaufen spürbar
Foto: Bloomberg via Getty ImagesAb September will Donald Trump Produkte aus China im Umfang von 300 Milliarden Dollar mit einem Strafzoll von zehn Prozent belegen.
Auf der Liste stehen auch die Produkte des Tech-Konzerns aus Cupertino, der seine Smartphones, Tablets und Laptops in Asien fertigt. Die Zeche werden am Ende die Verbraucher zahlen, sagt Daniel Ives, Analyst bei Wedbush Securities, voraus: "Apple wird die Zölle nicht einfach aus Nettigkeit schlucken." Bei einem Startpreis des iPhone XS von heute 999 Dollar würde sich das Gerät also um 100 Dollar verteuern.
Seit Trump am Donnerstag die nächste Runde im Handelskrieg mit China eingeleitet hat, wird in vielen Vorstandsetagen der US-Unternehmen heftig gerechnet: Wie viel der Zusatzkosten wird man an die amerikanischen Käufer durchreichen können, und welcher Anteil geht zu Lasten der Profitmarge? So oder so dürfte die Gewinnrechnung leiden.
Our representatives have just returned from China where they had constructive talks having to do with a future Trade Deal. We thought we had a deal with China three months ago, but sadly, China decided to re-negotiate the deal prior to signing. More recently, China agreed to...
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) August 1, 2019
Kaum hatte Trump die neuen Zölle angekündigt, stürzte die Apple-Aktie an der Börse um drei Prozent ab - viele Beobachter fürchten, dass der iPhone-Hersteller auch noch zum Ziel von Vergeltungsmaßnahmen Pekings werden könnte. Andere Werte allerdings traf der plötzliche Liebesentzug der Aktienhändler noch härter. Die Elektronikkette Best Buy, die mit günstigen Preisen um Kundschaft buhlt, und auch die Modemarke Abercrombie & Fitch stürzten um mehr als zehn Prozent ab. Der Spielzeughersteller Mattel verlor sieben Prozent.
Mit den neuen Zöllen gegen China setzt Trump alles auf eine Karte. Entweder zwingt er die Chinesen in den Handelsgesprächen in die Knie - oder er riskiert einen Aufstand seiner konsumsüchtigen Bürger. Denn während die bisherigen Zölle auf Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar industrielle Produkte wie Stahl und Aluminium oder Fertigungskomponenten betrafen, geht die nächste Runde zu Lasten der Waren, die sich in den Geschäften überall in Amerika stapeln. Auf der Liste stehen unter anderem:
- Handys
- Notebooks
- Spielkonsolen
- Kleidung
- Schuhe
Entsprechend alarmiert ist der Einzelhandel. "Das wird jeden Amerikaner treffen, der einkauft. Es sind die US-Unternehmen und Verbraucher, die die Zölle zahlen, nicht die Chinesen", warnte Jonathan Gold, Vizepräsident des Einzelhandelsverbands. Trump missbrauche "amerikanische Familien als Geisel in seinen Verhandlungen", schimpfte Matt Priest, der Chef des Schuhverbands. "Dieser Schritt wird die Schuhpreise in den Läden spürbar erhöhen."
Es ist die buchstäblich letzte Runde im transpazifischen Handelskrieg: Mit dem neuen Schlag würden die USA den gesamten Warenverkehr aus China besteuern. Danach könnte Trump allenfalls noch die Sätze weiter nach oben treiben.
Die Ankündigung des Präsidenten hat selbst Insider in Washington völlig unvorbereitet getroffen. Trump kündigt damit den Waffenstillstand auf, den er mit seinem Amtskollegen Xi Jinping erst Ende Juni beim G20-Gipfel geschlossen hatte. Womöglich verlor Trump schlicht die Geduld, nachdem seine Unterhändler Robert Lighthizer und Steven Mnuchin am Tag zuvor ohne ein unterschriftsreifes Abkommen aus Peking zurückgekehrt waren.
Gegen Mexiko hat die Erpressertaktik gezogen - aber gegen China?
Wahrscheinlicher ist, dass der Ex-Immobilienmogul glaubt, mit Schlägermethoden am meisten herauszuholen: drohen, erpressen, in die Ecke drängen. "Zölle im Fall von China funktionieren aufs Schönste", hatte sein Wirtschaftsberater Peter Navarro nur ein paar Stunden vor Trumps Tweet im Sender Fox geschwärmt. "Wer diese Zölle kritisiert, versteht China nicht."

Donald Trump: Mit rabiaten Methoden zum Erfolg?
Foto: John Minchillo/ APDass die Erpresser-Methode funktioniert, davon ist Trump spätestens seit dem Fall Mexiko überzeugt. Als er im Sommer ankündigte, er werde das Nachbarland mit Zöllen bestrafen, weil Mexiko illegale Einwanderung in die USA nicht aufhalte, waren selbst seine engsten Berater entsetzt. Die US-Wirtschaft schlug flächendeckend Alarm. Trump schaltete auf stur - bis Mexiko einknickte und versprach, an der Grenze zu handeln. Der selbst erklärte Dealmaker fühlt sich seitdem allen seinen Ratgebern noch überlegener.
Ob die Taktik, die bei dem von den USA abhängigen Nachbarn Erfolg hatte, auch bei der Wirtschaftsmacht China wirkt, ist allerdings fraglich. Präsident Xi steht innenpolitisch unter dem Druck der Nationalisten, sich nicht von Amerika demütigen zu lassen.
Trump aber ist überzeugt, dass seine Taktik funktioniert. Die Kosten der Zölle trage allein der Gegner, versichert er seiner Wählerschaft. "China schluckt das."
Will Trump die Zentralbank unter Druck setzen?
Das halten Ökonomen für einen fatalen Irrtum. Entscheidend sei weniger "die Mathematik" des direkten Effekts von 30 Milliarden Dollar Zöllen für die volkswirtschaftliche Rechnung, glaubt Art Hogan, Strategist bei National Securities. Der wahre Schaden sei psychologischer Natur. Die Eskalation lähme die Unternehmen. "Man trifft keine Entscheidungen mehr, bis der endgültige Ausgang der Schlacht feststeht."
Doch während die Schockwellen die Börsen und Wirtschaft erschüttern, zeigt sich das Weiße Haus ungerührt. "Wir lieben Zölle. Zölle sind eine wundervolle Sache", lobt Berater Navarro, als handele es sich um die Weihnachtsdekoration für das Oval Office.
Ist es am Ende genau die wachsende Unsicherheit, die Trump bewirken will - um so die störrische Zentralbank zur weiteren Lockerung der Geldpolitik zu zwingen? Die Gefahr einer "Konfrontation zwischen zwei großen Volkswirtschaften" beeinflusse auch die Zinspolitik, hat Fed-Chef Jerome Powell erklärt. Diese Konfrontation ist nun näher gerückt. Die neuen Zölle "werden die Wirtschaft wirklich belasten", glaubt Tony Roth vom Vermögensverwalter Wilmington Trust. "Damit sind die Chancen für weitere Zinssenkungen deutlich gestiegen."