Einsparmaßnahmen bei Gasknappheit Kommunen bereiten sich auf den Ernstfall vor

Freibad: Beim Heizen der Bäder wird gespart
Foto: Michael Eichhammer / IMAGONiemand kann bislang sicher vorhersagen, ob das Gas im Winter wirklich so knapp wird wie befürchtet. Doch in den Städten und Kommunen wird der Krisenfall bereits vorbereitet. Energie einzusparen sei in der aktuellen Situation eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft, sagte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert, der Nachrichtenagentur dpa.
Die Städte prüften daher aktuell viele kurzfristige Einsparmaßnahmen. Sie »lassen etwa Beleuchtungen aus, verzichten auf warmes Wasser in öffentlichen Gebäuden, schalten Brunnen ab, temperieren Klimaanlagen und Badewasser anders«, sagte Göppert.
Zusätzlich erarbeiteten die Städte mit ihren Krisenstäben und den kommunalen Versorgern Krisenpläne für den Fall, dass der Bund die Notfallstufe Gas ausrufen und Gas rationiert werden sollte, hieß es vom Städtetag. Hierzu finde auch eine enge Abstimmung mit Bund, Ländern und der Bundesnetzagentur statt. »Klar ist dabei: Niemand soll im Winter frieren müssen«, sagte Göppert.
»Falls Deutschland der Gashahn abgedreht wird, gehören Privathaushalte zu den besonders geschützten Kunden – bei ihnen würde also erst als letztes Energie rationiert«, versprach sie. Noch besser wäre es, wenn die Gasvorräte reichen und Einschränkungen überhaupt nicht notwendig würden.
Sozialverbände machen sich nicht nur wegen drohender Energieknappheit, sondern auch wegen der hohen Kosten Sorgen. Niemand dürfe im Herbst und Winter seine Wohnung verlieren, falls die Heizkosten nicht mehr beglichen werden könnten, forderte VdK-Präsidentin Verena Bentele in der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. »Deshalb muss jetzt ein Kündigungsschutz für solche Härtefälle beschlossen werden«, sagte sie. Oberstes Ziel müsse sein, dass niemand in einer kalten Wohnung sitzen und einen öffentlichen Wärmeraum aufsuchen müsse.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) forderte von der Bundesregierung angesichts der hohen Energiepreise umgehend ein Konzept. »Die Sorgen und Ängste der Menschen nehmen immer mehr zu«, erklärte Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer. »Viele fragen sich bereits jetzt, ob sie im Winter in einer kalten Wohnung sitzen müssen oder ob sie vielleicht sogar auf der Straße landen, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können.« Menschen mit solch »existenziellen Ängsten« dürften nicht allein gelassen werden.
Die Preissprünge beim Erdgas setzen auch viele Stadtwerke unter Druck. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, forderte in der »Rhein-Neckar-Zeitung« einen »Schutzschirm«. »Der Bund darf die kommunalen Versorger nicht im Regen stehen lassen.«
Eigentlich müssten sie die Preissteigerungen an die Kunden weitergeben, obwohl das viele Verbraucher überfordere. »Geben sie die Preissprünge nicht weiter, drohen sie pleitezugehen. Dann steht die Versorgungssicherheit auf dem Spiel«, warnte Dedy. Wichtig sei es schon jetzt: »Wir alle müssen sparen, sparen, sparen.«
Die Ostseepipeline Nord Stream 1 war am Montag wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet worden. Die Wartung dauert in der Regel bis zu zehn Tage. Die große Sorge ist, dass Russland den Gashahn aber nicht wieder aufdreht.
Dann könnte es in der Heizperiode zu einer Gasmangellage kommen, die Bundesregierung will eine solche unbedingt verhindern – weil sie schwere Schäden für die Wirtschaft haben könnte und große soziale Folgen. Deswegen soll die Abhängigkeit von russischem Gas verhindert werden, zum Beispiel durch den Bau von Terminals für Flüssigerdgas. Der Gasverbrauch beim Strom soll verringert werden.
DIHK plädiert für kältere Büros und Werkhallen
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat sich angesichts der Gaskrise dafür ausgesprochen, in Büros und Werkhallen vorgeschriebene Mindesttemperaturen herunterzusetzen. »Jedes Grad zählt. In meiner Lagerhalle muss ich entweder 17 oder 19 Grad garantieren, je nachdem in welchem Ausmaß dort gelegentlich auch Menschen arbeiten. Das geht vielleicht auch mit etwas weniger«, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. Man könnte auch in Büros die Heizung leicht herunterdrehen. »Dann muss man sich gegebenenfalls ein bisschen wärmer anziehen.«
Adrian sprach sich dafür aus, eine Vielzahl von Regelungen neu zu bewerten. »Dazu gehören auch Vorschriften, Werkstätten, Büros und selbst Lagerhallen auf bestimmte Temperaturen zu heizen. Die Werte schreibt die Arbeitsstättenverordnung vor, auch wenn die Menschen, die dort arbeiten, mit weniger auskommen wollen.«
Mindesttemperaturen in Arbeitsräumen sind in einer Technischen Regel für Arbeitsstätten geregelt. Demnach liegen die Mindestwerte der Lufttemperatur je nach Schwere der Arbeit zwischen 12 und 20 Grad. Die 12 Grad gelten für schwere körperliche Arbeiten. Für weniger schwere Arbeiten gelten Werte von 17 bis 20 Grad. In Pausen-, Bereitschafts-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen muss während der Nutzungsdauer eine Temperatur von mindestens 21 Grad herrschen.
Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums sagte, das Ressort prüfe in Abstimmung mit dem federführenden Wirtschaftsministerium Lösungsansätze, wie bei Eintreten eines Gasnotstands Zwänge zur Einsparung von Heizenergie mit den Anforderungen an den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in Einklang gebracht werden könnten. Ein Gasnotstand hätte erhebliche Auswirkungen auf die Sicherstellung von Produktionsprozessen und Auswirkungen auf die Beheizung von Arbeitsstätten.