Drohender Zank bei Schwarz-Gelb Westerwelle zweifelt an Finanzmarktsteuer

Angela Merkel ist dafür, doch ihr Außenminister kann sich mit dem Vorhaben nicht anfreunden: FDP-Chef Westerwelle hält nichts von einer Finanzmarktsteuer, wie sie unter anderem von der Kanzlerin favorisiert wird. Diese belaste vor allem Bankkunden, fürchtet der Liberale.
FPD-Chef Westwelle: Fürchtet zusätzliche Lasten für Sparer und Bankkunden

FPD-Chef Westwelle: Fürchtet zusätzliche Lasten für Sparer und Bankkunden

Foto: Rainer Jensen/ dpa

Berlin - FDP-Chef Guido Westerwelle hat sich in Abgrenzung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) skeptisch zu einer möglichen globalen Finanzmarktsteuer geäußert. "Am Ende ist die Gefahr groß, dass so eine Steuer, wenn sie überhaupt kommt, nicht die Banken, sondern die Sparer und Bankkunden belastet", sagte der Vizekanzler der "Welt am Sonntag". Der Finanzexperte der Partei, Frank Schäffler, kritisierte in der Zeitung, dass eine Finanzmarktsteuer das Gegenteil vom Koalitionsziel bewirke, den Bürgern mehr Netto vom Brutto zu geben.

Die Kritik aus den Reihen der FDP ist unangenehm für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie hat sich gemeinsam mit der französischen und zuletzt auch mit der britischen Regierung auf internationalem Parkett intensiv für die Börsenumsatzsteuer eingesetzt. Kürzlich hatte daraufhin der EU-Gipfel in Brüssel den Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgefordert, Vorschläge für eine solche globale Steuer auf Finanzgeschäfte zu machen.

Ziel des Vorstoßes: Die mit Staatsmilliarden massiv gestützte Finanzwirtschaft soll durch eine Abgabe auf alle Geschäfte an den Märkten an den ungeheuren Kosten der Krise beteiligt werden. Da täglich massenhaft Finanzprodukte gehandelt werden, könnten nach Berechnungen des Wifo-Instituts in Wien trotz des sehr geringen Steuersatzes jährliche Einnahmen in Höhe von bis zu einem Prozent der globalen Wirtschaftsleistung anfallen. Deutschland könnte nach Berechnungen von Experten allein 10 bis 20 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen. Das Geld könnte für die Finanzierung der Krisenbekämpfung eingesetzt werden. Der Steuersatz soll den bisher vorgebrachten Konzepten zufolge sehr niedrig sein - diskutiert werden Größenordnungen von 0,01 bis 0,05 Prozent. So soll verhindert werden, dass auch volkswirtschaftlich sinnvolle Finanzgeschäfte über Gebühr belastet werden.

Deutschland und Frankreich sprachen sich bereits beim G-20-Gipfel in den USA Ende September für die Einführung einer globalen Finanzmarktsteuer aus, konnten sich aber nicht durchsetzen. Auf dem G-20-Gipfel im Schottischen St. Andrews im November setzte sich dann auch Großbritannien überraschend für eine globale Finanzmarktsteuer ein. London war wegen der Bedeutung seiner Finanzwirtschaft bisher skeptisch gegenüber solchen Abgaben. Sollte der IWF grünes Licht für eine Finanzmarkttransaktionssteuer geben, könnte sich ein erster gemeinsamer europäischer Vorstoß in dieser Angelegenheit ergeben.

Auch der IWF ist skeptisch

Die Idee der Finanzmarktsteuer ähnelt dem in den siebziger Jahren von James Tobin vorgeschlagenen Konzept der Tobin-Steuer. Demnach wird auf Finanztransaktionen eine sehr geringe Steuer erhoben, die kurzfristige Spekulationen auf Währungsschwankungen verringern soll. Die Tobin-Steuer ist auch eine zentrale Forderung von Globalisierungskritikern. Sie war Anlass zur Gründung der Organisation Attac im Jahre 1998.

Kritiker der Steuer bringen immer wieder das Argument vor, eine Finanzmarktsteuer sei nur sinnvoll, wenn sie global eingeführt werde. Andernfalls komme es zu Wettbewerbsverzerrungen unter den Ländern. Noch allerdings fehlt ein positives Signal von Seiten der USA. Zuletzt hatte US-Finanzminister Timothy Geithner die Pläne deutlich abgeblockt. Ohne Zustimmung der USA dürfte eine Realisierung äußerst unwahrscheinlich sein.

Auch der IWF, der nach dem Willen der EU nun die Umsetzung einer Finanzmarktsteuer prüfen soll, hatte sich zuletzt skeptisch gezeigt. Nach dem G-20-Gipfel in den USA Ende September sagte IWF-Chef Dominique-Strauss-Kahn, die Tobin-Steuer sei eine sehr alte Idee, die heute nicht mehr wirklich praktikabel sei. Seit Tobin vor über drei Jahrzehnten die Steuer vorschlug, hätten sich die Märkte stark verändert, so der IWF-Boss. Er warnte, die Finanzmarktakteure würden sich einfach innovative Instrumente einfallen lassen, um die Steuer zu umgehen.

ase/dpa
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