Einbruch bei den Einnahmen Deutschland droht jahrelange Steuerflaute

Der deutsche Staat steht vor einer Dauereinnahmekrise. Bund, Länder und Kommunen müssen sich bis Ende 2013 auf knapp 39 Milliarden Euro weniger Steuererlöse einstellen - die schwarz-gelben Entlastungspläne rücken in weite Ferne.
Kanzlerin Merkel, FDP-Chef Westerwelle: Rückschlag für die Regierung

Kanzlerin Merkel, FDP-Chef Westerwelle: Rückschlag für die Regierung

Foto: ddp

Berlin - Das Finanzfiasko der öffentlichen Hand gibt es jetzt schwarz auf weiß: Bund, Länder und Kommunen werden in den kommenden Jahren 38,9 Milliarden Euro weniger in der Kasse haben als bisher angenommen. Das teilte das Bundesfinanzministerium am Donnerstag in Berlin nach Abschluss der Beratungen des Steuerschätzerkreises mit.

Allein für das laufende Jahr gehen die Experten davon aus, dass der Gesamtstaat 1,2 Milliarden Euro weniger einnimmt als bisher geschätzt. In Zukunft wird das Problem sogar noch größer: So sagen die Schätzer für 2011 weniger Einnahmen in Höhe von 11,7 Milliarden Euro voraus. Im Jahr 2012 wird mit Mindereinnahmen von 12,3 Milliarden Euro gerechnet und für 2013 mit einem Rückgang um 13,7 Milliarden Euro.

schwarz-gelbe Koalition

Entlastungen der Bürger

Für die ist die Steuerschätzung ein harter Rückschlag. Die Regierung hatte im Wahlkampf weitere (siehe Kasten links) von dem Ergebnis der Schätzer abhängig gemacht. Die aktuellen Zahlen sprechen jetzt gegen eine Umsetzung der Versprechen.

Schäuble stimmt Koalition auf Sparkurs ein

Dafür spricht auch, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Koalition unmittelbar nach der Bekanntgabe der Steuerschätzung auf einen strikten Sparkurs einstimmte. Der Koalitionsvertrag werde nun auf Grundlage der aktuellen Zahlen schrittweise umgesetzt.

Es gebe jetzt eine gute Basis für die Verhandlungen in der Koalition, sagte Schäuble. Die Schuldenbremse müsse eingehalten werden. Bis 2016 darf der Bund nicht mehr als 0,35 Prozent strukturelle Neuverschuldung gemessen am Bruttoinlandsprodukt aufweisen. Dazu muss der Bund laut Schäuble jährlich etwa zehn Milliarden Euro einsparen. "Das wird noch eine Menge Arbeit kosten", sagte er.

Erst im Jahr 2013 werde der Gesamtstaat wieder den Stand der Steuereinnahmen von 2008 erreicht haben. "Das beschreibt Ausmaß der Finanz- und Wirtschaftskrise", betonte der Minister. Schäuble mahnte, die Solidität der Staatsfinanzen sei von existenzieller Bedeutung. Nur auf einer solchen Basis sei auch der Euro als stabile Währung zu sichern. Deutschland werde als "Stabilitätsanker" in der EU weiter gebraucht.

Das Ergebnis der Steuerschätzung dient als Grundlage für die Aufstellung der öffentlichen Haushalte. Dem Schätzerkreis gehören rund 35 Vertreter aus den Finanzministerien von Bund und Ländern, der Bundesbank, von Forschungsinstituten, der Kommunen, des Sachverständigenrats und des Statistischen Bundesamts an.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung 2010

Einnahmen 2010
Ursprüngliche Schätzung* Aktuelle Schätzung* Veränderung*
Bund 215,7 216,4 0,6
Länder 201,5 202,5 1,0
Gemeinden 66,5 65,5 -1,0
EU 27,8 25,9 -1,8
Steuereinnahmen insges. 511,5 510,3 -1,2
     
Einnahmen 2011
Ursprüngliche Schätzung Aktuelle Schätzung Veränderung
Bund 222,6 217,3 -5,3
Länder 206,7 202,8 -3,9
Gemeinden 70,5 67,3 -3,2
EU 26,9 27,6 0,7
Steuereinnahmen insges. 526,7 515,0 -11,7
     
Einnahmen 2012
Ursprüngliche Schätzung Aktuelle Schätzung Veränderung
Bund 232,0 225,9 -6,1
Länder 216,5 212,6 -4,0
Gemeinden 75,1 71,6 -3,5
EU 28,4 29,8 1,4
Steuereinnahmen insges. 552,0 539,8 -12,3
     
Einnahmen 2013
Ursprüngliche Schätzung Aktuelle Schätzung Veränderung
Bund 241,3 234,8 -6,5
Länder 225,0 220,7 -4,3
Gemeinden 80,0 75,7 -4,2
EU 28,9 30,1 1,3
Steuereinnahmen insges. 575,1 561,3 -13,7
* Angaben in Milliarden Euro
yes/Reuters/dpa/ddp
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten