Öffentlicher Dienst Ver.di ringt Arbeitgebern satte Lohnerhöhung ab
Hamburg - Politiker, Manager oder Gewerkschaftsspitzen präsentieren sich nach langen Verhandlungen der Öffentlichkeit gern müde und abgekämpft, aber glücklich über die gerade erzielte Einigung. Das Signal: Man hat einander nichts geschenkt, jeder hat für seine Seite das Beste herausgeschlagen.
Der Kampf um Löhne im Öffentlichen Dienst toppt allerdings so manchen Poker der Euro-Krise. Mehr als 40 Stunden dauerten die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und der Gewerkschaft Ver.di - eine Marathondiskussion, die nicht nur die Planung vieler angereister Verhandlungsführer durcheinanderwirbelte. Auch das Tagungshotel in Potsdam war eigentlich nur bis Freitagmittag gebucht. Am Nachmittag begann dort eine andere Veranstaltung, die Tarifkämpfer mussten sich neue Unterkünfte suchen.
Am Ende aber gab es die Einigung, mit knapper Mehrheit - aber ohne Streik oder Schlichtungsverfahren. Das hat es seit 2005 nicht mehr gegeben. Und so ist die Einigung vor allem auch ein Sieg der Vernunft. Zuletzt hatte es heftige Warnstreikwellen im Nahverkehr, in Kitas und auf Flughäfen gegeben, das wollten die Beteiligten um jeden Preis im Öffentlichen Dienst vermeiden.
Das Ergebnis, das Ver.di den Arbeitgebern abgerungen hat, kann sich sehen lassen:
- Die Gehälter der zwei Millionen Beschäftigten in den Kommunen und beim Bund steigen in den kommenden zwei Jahren um 6,3 Prozent.
- Die erste Erhöhung von 3,5 Prozent erfolgt rückwirkend zum 1. März 2012. Weitere Raten von jeweils 1,4 Prozent folgen dann im Januar und im August 2013. Mit Zins und Zinseszins sind dies dann sogar 6,41 Prozent.
- Auch Auszubildende erhalten eine höhere Vergütung und werden nach einjähriger Bewährungszeit unbefristet übernommen.
- Ab 2013 erhalten alle Beschäftigten einheitlich 29 Tage Urlaubsanspruch, sind sie älter als 54 Jahre, sind es 30 Tage. Wer nach der bisherigen Regelung schon jetzt Anspruch auf 30 Tage Urlaub hatte oder ihn 2012 erlangt, behält diesen Anspruch auch künftig.
- Nicht durchsetzen konnten sich die Gewerkschaften mit ihrer Forderung nach einer Mindestanhebung kleinerer Gehälter.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sprach von einer guten Nachricht. Mit der Lohnerhöhung hätten die Arbeitnehmer des Öffentlichen Dienstes gewonnen. "Wir sind bis an die Schmerzgrenze gegangen", sagte der CSU-Mann. "Wir wollen sie auch ordentlich bezahlen."
Die Kosten der Lohnerhöhung liegen nach Angaben der kommunalen Arbeitgeber im Jahr 2012 bei rund 2,2 Milliarden Euro, im Jahr 2013 sind es 4,3 Milliarden Euro. Die Belastung für den Bundeshaushalt wird rund 550 Millionen Euro betragen.
Die Ver.di-Tarifkommission beschloss am Ende mit nur knapper Mehrheit die Annahme des Vertrags. Ver.di-Chef Frank Bsirske sagte, Ver.di werde traditionsgemäß seine Unterschrift erst dann unter den Vertrag setzen, wenn er durch eine Mitgliederbefragung angenommen worden sei. Er nannte es bedauerlich, dass es nicht gelungen sei, eine "soziale Komponente" für die Bezieher kleiner Einkommen zu vereinbaren.