
Einkommen im Vergleich: Arme Kreise, reiche Kreise
Regionaler Vergleich Wo der Wohlstand wohnt
Wie hoch ist der Lebensstandard in Deutschland? Diese Frage kann man sehr verschieden beantworten: mit "höher als im reichen Luxemburg" ebenso wie mit "auf gleichem Niveau wie im relativ armen Korsika". Beides ist richtig - zumindest teilweise. Es kommt nämlich stark darauf an, welcher Ort in Deutschland gemeint ist. Das Einkommensgefälle zwischen den Regionen in der Bundesrepublik ist enorm, wie eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung deutlich macht.
So konnte im Jahr 2016 jeder Einwohner im Landkreis Starnberg südwestlich von München im Durchschnitt über ein Einkommen von 34.987 Euro verfügen - und lebte damit in der wohlhabendsten Region Deutschlands. Das ist mehr als doppelt so viel wie in der einkommensschwächsten Region - die nicht etwa in Ostdeutschland, sondern tief im Westen liegt: In Gelsenkirchen betrug das verfügbare Einkommen pro Kopf lediglich 16.203 Euro.
Für ihre Studie werteten die WSI-Forscher Eric Seils und Helge Baumann Daten der amtlichen Statistiker aus. Ergebnis ist eine Deutschland-Karte des regionalen Wohlstands in Deutschland. Genauer: des durchschnittlichen verfügbaren Einkommens - also der Summe, die übrig bleibt, wenn man alle Einnahmen etwa aus Erwerbsarbeit oder Vermögenserträgen, aber auch aus Sozialleistungen wie Kinder- oder Wohngeld addiert und davon Steuern sowie Sozialabgaben abzieht.
Auf der Karte können Sie für alle 401 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland das durchschnittliche verfügbare Einkommen pro Kopf ablesen. Der jeweilige Wert wird Ihnen angezeigt, wenn Sie eine bestimmte Region auswählen.
Auf einen Blick wird deutlich: Die einkommensstärksten Regionen liegen nach wie vor in Westdeutschland und hier hauptsächlich im Süden. Aber auch im Norden - Hamburg und Schleswig-Holstein - verfügen die Einwohner im Schnitt über relativ hohe Einkommen. Nach Starnberg liegt die Stadt Heilbronn mit durchschnittlich 32.366 Euro auf Platz zwei der Rangliste, der Hochtaunuskreis - in dem viele Bestverdiener aus der nahen Finanzmetropole Frankfurt wohnen - folgt mit 31.612 Euro auf Platz drei.
Mit deutlich weniger Geld müssen hingegen die Menschen in Ostdeutschland, aber auch den früheren Industrie- und Bergbauregionen in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland auskommen. Nur knapp vor Gelsenkirchen liegt mit 16.881 Euro eine weitere Großstadt des Ruhrgebiets auf dem vorletzten Platz: Duisburg. Mit Halle (Saale) liegt die einkommensschwächste ostdeutsche Region auf dem drittletzten Platz.
Die WSI-Forscher werteten aber nicht nur die aktuellsten verfügbaren Daten für das Jahr 2016 aus, sondern untersuchten auch, wie sich die Einkommen im Vergleich zum Jahr 2000 entwickelt haben. Dabei rechneten sie die Inflation heraus, so dass die Werte zeigen, wie viel mehr - oder weniger - sich die Einwohner einer Region im Schnitt tatsächlich leisten konnten.
Für Deutschland als Ganzes ergibt sich dabei übrigens ein deutlicher Wohlstandszuwachs: Von 2000 bis 2016 sind die verfügbaren Einkommen preisbereinigt pro Einwohner um 9,7 Prozent gestiegen. Auch hier sind die regionalen Unterschiede allerdings groß. In 33 Regionen sank das reale Pro-Kopf-Einkommen sogar - am stärksten in Offenbach (minus 8,7 Prozent), aber auch im reichsten Landkreis Starnberg (minus 4,7 Prozent).
In dieser Karte können Sie die prozentuale Veränderung für alle 401 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland ablesen. Der jeweilige Wert wird Ihnen angezeigt, wenn Sie eine bestimmte Region auswählen.
Am stärksten war der Zuwachs seit 2000 mit 43 Prozent realer Steigerung demnach in Heilbronn. Allerdings liegt das auch daran, dass in der Studie der Durchschnitt als Messgröße dient und nicht das Medianeinkommen, für das die Haushalte in eine reichere und eine ärmere Hälfte geteilt werden - das Einkommen des Haushalts genau in der Mitte bezeichnet den Median.
Bei der Durchschnittsberechnung wird hingegen das gesamte Einkommen einer Region einfach durch die Zahl der Einwohner geteilt - was bedeutet, das wenige extrem hohe Einkommen den Schnitt für eine ganze Region spürbar nach oben treiben können.
Exakt das scheint in Heilbronn geschehen zu sein: Die 125.000-Einwohner Stadt rund 50 Kilometer nördlich von Stuttgart ist ohnehin wirtschaftlich stark - ihr sehr hohes Durchschnittseinkommen lässt sich aber wohl nur dadurch erklären, dass einige überaus reiche Menschen dort leben, unter anderem Dieter Schwarz, Inhaber von Lidl und Kaufland mit einem geschätzten Vermögen von 19 Milliarden Euro.
Solche statistischen Ausreißer können den Durchschnittswert für eine Region umso stärker verzerren, je weniger Einwohner in ihr leben. Die Unterschiede zwischen den 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland sind extrem: Im rheinland-pfälzischen Zweibrücken leben 34.000 Einwohner - in Berlin sind es mit 3,61 Millionen über hundertmal so viel.

Einkommen im Vergleich: Arme Kreise, reiche Kreise
Unter den 15 größten Städten nimmt Berlin mit 19.719 durchschnittlichem Pro-Kop-Einkommen den elften Platz ein - siehe folgende Tabelle. München liegt mit 29.685 Euro mit großem Abstand an der Spitze. Allerdings müssen die Münchner von diesem Geld auch ihre Wohnungen bezahlen - angesichts der schwindelerregenden Mieten und Immobilienpreise in der bayerischen Landeshauptstadt bleibt ihnen danach womöglich weniger als den Einwohnern wesentlich einkommensschwächerer Regionen.
Im Video: Die Ungleich-Stadt - Hamburgs Zweiklassengesellschaft
Anmerkung der Redaktion: Zweibrücken liegt nicht im Saarland, wie zuerst in diesem Artikel zu lesen war, sondern in Rheinland-Pfalz. Der Text wurde entsprechend korrigiert.