Streit um EU-Reformen Vermögensverwalter Blackrock drängt auf europäische Bankenunion

Die mächtigste Fondsgesellschaft der Welt, Blackrock, stellt sich hinter Frankreichs Präsident Macron. Vizechef Hildebrand fordert einen gemeinsamen Bankenmarkt - auch gegen Bedenken der Unionsparteien.

Angesichts der verhaltenen Reaktionen auf die Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, vor allem aus Deutschland, schaltet sich der Vizechef des weltweit größten Vermögensverwalters Blackrock in die Diskussion ein. "Das Momentum für eine Vertiefung der Währungsunion hat sich deutlich verlangsamt, nicht zuletzt, weil es in wesentlichen Punkten große politische Differenzen gibt", sagte Philipp Hildebrand dem SPIEGEL.

Das Problem war offenkundig geworden, als Macrons Rede im Europaparlament von kritischen Äußerungen aus CDU und CSU zu einem gemeinsamen europäischen Haushalt, einem Europäischen Währungsfonds und zur Bankenunion begleitet wurde.

Hildebrand schlägt sich in dem Streit auf die Seite der Franzosen und macht sich dafür stark, die Bemühungen vor allem auf eine Reform des zersplitterten und schwachen europäischen Bankensektors zu richten. "Ich teile die Sicht, dass man sich zuerst auf die Vollendung der Bankenunion konzentrieren sollte", sagte der Schweizer. Dies sei der dringendste, aber auch ein machbarer Teil der europäischen Reformagenda.

"Teufelskreis aus schwachen Banken, schwachem Wachstum durchbrechen"

"Ein paneuropäisches Bankensystem kann helfen, den Teufelskreis aus schwachen Banken, schwacher Kreditvergabe, schwachem Wachstum und schwachen Staatsfinanzen zu durchbrechen", argumentiert Hildebrand. Allerdings habe die Fragmentierung des Bankensystems eher noch zugenommen, seit die Bankenunion 2014 beschlossen worden sei. Bislang habe vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer lockeren Geldpolitik die Eurozone zusammengehalten. Die Bankenunion könne die EZB entlasten, dafür müssten EU-Kommission, Europäischer Rat und Europaparlament den gesetzlichen Rahmen schaffen. "Am Ende kann nur die Politik dafür sorgen, dass die Bankenunion vollendet wird."

Blackrock gilt als der größte und mächtigste Vermögensverwalter der Welt und investiert Anlegergelder von mehr als sechs Billionen Dollar rund um den Globus. Über ihre Fonds ist die Anlagegesellschaft an nahezu allen großen börsennotierten Konzernen in Europa beteiligt - auch an den größten Banken des Kontinents.

Hildebrands Forderungen kommen unmittelbar vor dem für Donnerstagmittag angesetzten Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Macron, bei dem es auch um die Reform der EU und der Eurozone gehen soll.

Macron hatte die Debatte mit einer Reihe von Vorschlägen begonnen. Er war damit aber in Deutschland vor allem bei CDU und CSU auf Ablehnung gestoßen. Kanzlerin Merkel verkündete im Vorfeld des Treffens mit Macron zwar, Deutschland und Frankreich würden vor dem EU-Gipfel im Juni "ein starkes Paket auf die Beine stellen". Wie genau das aussehen soll, dürfte allerdings noch umstritten sein.

So wird über einen EU-Finanzminister, einen gemeinsamen Eurozonen-Haushalt und eben über die Bankenunion diskutiert. Vielen Unionspolitikern gehen vor allem die Vorschläge zur Bankenunion und zum damit verbundenen gemeinsamen Einlagensicherungssystem zu weit. "Wir wollen eine Bankenunion, eine Einlagensicherung. Aber erst nach dem Ende eines Prozesses, wo sämtliche faule Kredite aus südosteuropäischen Ländern verschwinden", warnte noch am Mittwoch der CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg, im Sender Bayern 2. "Nicht, dass man am Anfang sagt, der deutsche Sparer haftet für griechische und italienische Banken", sagte Rehberg. Hier müsse Macron umsteuern. "Es geht nicht, dass Deutschland ein so großes Risiko eingeht."

"Regeln für Banken europaweit vereinheitlichen"

Hildebrand kennt die Bedenken aus Berlin und München. Als ehemaliger Präsident der Schweizer Nationalbank steht er den Deutschen ohnehin nahe. In der aktuellen Diskussion setzt er aber darauf, dass sich die Sorgen von alleine verringern, wenn die Bankenunion richtig angegangen wird.

"Die Diskussion dreht sich zu sehr um Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn die Krise schon da ist: also die Bankenabwicklung und die Einlagensicherung", argumentiert Hildebrand. "Wir sollten uns lieber darum kümmern, die Risiken zu reduzieren und so zu verhindern, dass es überhaupt zu einer Krise kommt." Der Schlüssel liege darin, "die Regeln für europäische Banken anzupassen und so grenzüberschreitende Zusammenschlüsse zu ermöglichen". So würden profitablere und stabilere Finanzinstitute entstehen.

"Dadurch könnte der Streit um die Einlagensicherung irgendwann irrelevant werden", glaubt Hildebrand. Europas Banken eröffneten sich in einem einheitlichen Markt neue Geschäftsmöglichkeiten. Mit Blick auf Deutschland sagte der Manager, die vergangenen 25 Jahre hätten gezeigt, dass Banken ohne ein nachhaltiges Geschäftsmodell im Heimatmarkt sich in riskante Geschäfte wie das Investmentbanking gestürzt hätten. "Die Deutsche Bank und andere sind erstklassige Beispiele dafür."

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