Ökostromumlage Gabriel plant neue Rabatte für Konzerne - zulasten der Verbraucher

Stahlarbeiter bei ThyssenKrupp
Foto: INA FASSBENDER/ REUTERSDeutschlands Industrie kann auf neue Entlastungen hoffen: Alle Firmen, deren Stromverbrauch mehr als 14 Prozent der Bruttowertschöpfung ausmacht, sollen ab 2017 nur noch 20 Prozent der Ökostromumlage zahlen, heißt es in einem Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums für den sogenannten Paragrafen 64 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Bisher lag die Schwelle bei 17 Prozent.
Im Vergleich zur derzeitigen Regelung könnte die Zahl der begünstigten Unternehmen dadurch "um über hundert, gegebenenfalls auch mehrere Hundert" steigen, heißt es in dem Papier, das SPIEGEL ONLINE vorliegt. Die Kosten sollen auf alle anderen Verbraucher abgewälzt werden, betroffen wären vor allem Haushalte und kleine Unternehmen. Ein durchschnittlicher Dreipersonenhaushalt müsste rund sieben Euro pro Jahr draufzahlen.
Die Zusatzkosten für den Einzelnen halten sich also in Grenzen. Für die betroffenen Firmen würde sich die angepeilte Regelung dagegen richtig lohnen. Sie zahlen dann für die Kilowattstunde Strom nur noch 1,27 Cent EEG-Umlage - statt 6,54 Cent. Unternehmen, die besonders viel Elektrizität verbrauchen, sparen so leicht zweistellige Millionenbeträge.
Im Parlament wird der Gesetzentwurf heftig kritisiert. Denn eigentlich sollten Stromfresserfirmen für solch großzügige Rabatte eine Gegenleistung erbringen. Die schwarz-rote Regierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass Unternehmen für Privilegien bei der Ökostromumlage "wirtschaftlich sinnvolle und technologisch machbare Fortschritte bei der Energieeffizienz" machen müssen.
Formulierungen von der Industrielobby übernommen
Noch Mitte Juni waren in einem Entwurf des EEG entsprechende Auflagen für Rabatte bei der Ökostromumlage vorgesehen. Dann, einen Tag bevor Gabriel die EEG-Novelle durchs Kabinett brachte, wurden eben diese Auflagen auf Geheiß von Michael Fuchs, dem stellvertretenden Chef der Unionsfraktion, aus dem Entwurf gestrichen. "Gabriel wollte das Gesetz unbedingt verabschieden", heißt es in der SPD. "Er musste der Union dazu entgegenzukommen."
Das Resultat ist nun ein Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums für den Paragrafen 64, der in weiten Teilen einer "Formulierungshilfe" gleicht, die der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) im April an die Regierung geschickt hatte. Ein Lobbytext also.
Für Gabriel ist die nächtliche Volte beim EEG peinlich. Er muss sich nicht nur vorwerfen lassen, ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gebrochen zu haben - er spricht auch aktuell anders, als er handelt: Derzeit läuft eine große Kampagne des Wirtschaftsministeriums mit dem Titel "Deutschland macht's effizient" - in der es eben genau darum geht, den Energieverbrauch der Bundesrepublik effizienter zu gestalten.
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz fordert das Parlament auf, das EEG in seiner aktuellen Form zu stoppen. "Der Bundestag erweist der Energiewende einen Bärendienst, wenn er die EEG-Begünstigungen ausweitet, ohne dass die Unternehmen im Gegenzug einen sorgfältigen Umgang mit Energie nachweisen müssen", sagt Claire Range, die Industrieexpertin der Deneff.
Das Bundeswirtschaftsministerium wollte zu dem Papier und zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen.