Nächste Phase der Energiewende Gabriels Zehn-Punkte-Plan für bezahlbaren Strom

Minister Gabriel: Pläne für die nächste Phase der Energiewende
Foto: Maurizio Gambarini/ dpaFrankfurt am Main - Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist noch nicht komplett beschlossen, doch Sigmar Gabriel blickt bereits weiter nach vorn. Der Bundeswirtschaftsminister von der SPD hat einen Fahrplan für die nächste Phase der Energiewende veröffentlicht .
Bisher ging es vor allem darum, Technologien zu entwickeln, Kosten zu drücken und den Bau von Ökostromanlagen zu beschleunigen. Mit Erfolg: Inzwischen wird rund ein Viertel unserer Elektrizität aus erneuerbaren Energien erzeugt. Nun gilt es, die immer größeren Mengen Ökostrom so ins System zu integrieren, dass die Versorgung sicher und bezahlbar bleibt und dass der Klimaschutz stärker berücksichtigt wird als bisher. Das erfordert eine ganz andere Energiepolitik.
Die Bundesregierung plant dazu eine Reihe von Maßnahmen, die Gabriel nun in einem Zehn-Punkte-Plan zusammengefasst hat. Eine ausführliche Beschreibung der energiepolitischen Maßnahmen ist auch Teil des aktuellen Vorhabenkatalogs des Bundeskanzleramts von Ende Juni, der SPIEGEL ONLINE vorliegt. Die wichtigsten Energie-Maßnahmen im Überblick:
- Energieeffizienz: Noch in diesem Jahr soll eine Strategie - der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz - erarbeitet werden. Ein wichtiger Punkt ist die energetische Modernisierung von Gebäuden. Hier soll 2015 eine "ganzheitliche Gebäudestrategie" vom Kabinett beschlossen werden.
- Kapazitätsmechanismen: In der Frage, wie Kohle- und Gaskraftwerke angesichts wachsender Einspeisung von gefördertem Ökostrom künftig noch profitabel betrieben werden können, will Gabriel dem Bericht zufolge diesen Herbst in einem Grünbuch erste Antworten suchen und 2016 ein Gesetz beschließen lassen. Die Kraftwerke sind in den kommenden Jahrzehnten für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit unverzichtbar. Die Öffentlichkeit solle in die Debatte ebenso einbezogen werden wie europäische Nachbarstaaten. Eine staatenübergreifende Lösung sei womöglich günstiger, heißt es in Gabriels Papier.
- Ausschreibungsmodelle: Ein weiteres zentrales Anliegen des Ministers sind neue Möglichkeiten der Förderung erneuerbarer Energien. Derzeit werden neue, noch nicht komplett wettbewerbsfähige Technologien meist mit fixen Fördersätzen unterstützt. Künftig sollen es vor der Errichtung von Ökostromanlagen Auktionen geben, in denen Firmen selbst angeben, zu welchem Fördersatz sie ihre Projekte realisieren können. Das günstigste Angebot erhält dann den Zuschlag. Entsprechende Pilotprojekte sollen nun bereits im Herbst 2014 starten - deutlich früher als geplant.
- Emissionshandel und EU-Klimapolitik: Auf Europa-Ebene spielen der Klima- und Energierahmen 2030 und die Reform des Emissionshandels in den Vorschlägen eine wichtige Rolle. Im Herbst sollen hierzu erste Vorentscheidungen fallen.
Während Gabriel schon neue Energiewendepläne schmiedet, steht in Brüssel am Vormittag eine wichtige Entscheidung an, die schlimmstenfalls die derzeitige Förderung der erneuerbaren Energien in Deutschland torpedieren könnte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet über die Klage eines finnischen Windparkbetreibers, der Ökostrom nach Schweden liefert, dort aber keine Ökostromförderung erhält.
Sollte der EuGH die Klage durchwinken, könnten künftig auch Länder wie Österreich, Frankreich oder die Niederlande darauf bestehen, die deutsche Ökostromumlage zu kassieren, wenn sie ihren Wasser-, Solar- oder Windstrom in das hiesige Netz einspeisen. Zahlen müssten die deutschen Verbraucher. Die Bundesregierung rechnet nicht damit, dass es so weit kommt. Sollte dies aber doch der Fall sein, wäre der gerade mühsam ausgehandelte Kompromiss zur EEG-Reform in Teilen wohl schon bald wieder Makulatur.