Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft Entlastungspaket gegen hohe Energiepreise wohl zu knapp bemessen

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Gespräch
Foto: Michele Tantussi / dpaDas von der Ampelkoalition geschnürte Entlastungspaket wegen der hohen Energiepreise ist einer Studie zufolge zu klein, um die Kaufkraftverluste der Bürgerinnen und Bürger in diesem Jahr vollständig auszugleichen. Das jährliche Gesamtvolumen von schätzungsweise zwölf Milliarden Euro relativiere sich angesichts des aktuellen Preisanstiegs, heißt es in einem Kurzbericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln . »Die Entlastungen werden die Kaufkraftverluste der Bürger lediglich teilweise auffangen können«, schreiben die Autoren.
Single mit Bruttoeinkommen von 25.000 Euro spare 150 Euro
Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP hatten angesichts der steigenden Preise für Gas, Strom, Öl und Sprit vor Kurzem mehrere Entlastungsschritte beschlossen. In der Steuererklärung sollen rückwirkend zum Jahresbeginn Grundfreibetrag, Werbungskostenpauschale und, befristet bis 2026, auch die Pendlerpauschale für Fernpendler angehoben werden. Die EEG-Umlage für Ökostrom soll im Juli von der Stromrechnung gestrichen und über den Bundeshaushalt finanziert werden. Außerdem soll es einen Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder geben.
Nach Rechnung des IW Köln muss ein Single mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von 25.000 Euro durch die steuerlichen Maßnahmen und die Abschaffung der EEG-Umlage in diesem Jahr rund 150 Euro weniger zahlen. Je mehr man verdient, desto höher die Entlastung: So werde ein Single mit einem Jahreseinkommen von 75.000 Euro rund 185 Euro weniger zahlen. Ob man die höhere Pauschale für Fernpendler oder die höhere Werbungskostenpauschale ansetzt, macht demnach kaum einen Unterschied. Ohne die höhere Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer würde sich für Pendler mit weiten Strecken demnach in der Regel gar keine Entlastung ergeben.
Zusätzlich sehen die Wissenschaftler des IW Risiken in dem Entlastungspaket: Der höhere Grundfreibetrag führe zu einer weiteren Stauchung des Einkommensteuertarifs, also zu einem raschen Anstieg des Steuersatzes am Anfang des Tarifverlaufs, schreiben sie. Das senke den Anreiz, eine Erwerbstätigkeit auszubauen oder als Zweitverdiener in einer Ehe überhaupt zu arbeiten. Die Erhöhung der Werbungskosten sei zudem ohnehin überfällig gewesen – das letzte Mal sei die Pauschale im Jahr 2011 angehoben worden.
Maßnahmen »ohne Weiteres finanzierbar«
Für den Staat seien die Maßnahmen »ohne Weiteres finanzierbar«, weil die Steuereinnahmen im Schatten der Inflation ebenfalls zunähmen, heißt es im IW-Bericht. Je Prozentpunkt Inflation stiegen die Steuereinnahmen um schätzungsweise mehr als zehn Milliarden Euro.
Das Entlastungspaket der Koalition muss in Kabinett, Bundestag und Bundesrat noch beschlossen werden, bevor es in Kraft treten kann. Es soll aus dem Haushalt 2022 finanziert werden, den Finanzminister Christian Lindner (FDP) Mitte des Monats vorlegen will.