Entwicklungsbericht OECD rügt Chinas Sozialpolitik

Radfahrer in Pekings Geschäftsviertel: "Größere Flexibilität der Wechselkurse"
Foto: Vincent Thian/ ASSOCIATED PRESSPeking - China muss nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) viel stärker in seine Sozialsysteme investieren und einen flexibleren Wechselkurs zulassen. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde habe die Weltwirtschaftskrise durch ihr Konjunkturprogramm zwar gut bewältigt, müsse aber die Ausgaben in Bildung, Sozialwesen, Gesundheit und Altersversorgung ausweiten, empfiehlt ein Bericht der OECD, der am Dienstag in Peking vorgestellt wurde. "China kann sich die zusätzlichen Ausgaben leisten, weil seine öffentlichen Finanzen weiter stark sind."
Ein besseres Sozialsystem hätte nach Ansicht der OECD-Experten noch weitere positive Effekte: Die hohe Sparrate der Chinesen könnte gesenkt, der heimische Verbrauch angekurbelt werden, was Ungleichgewichte im Außenhandel ausgleichen würde.
"In fünf bis sieben Jahren wird China die USA überholt haben"
Eine "größere Flexibilität des Wechselkurses" könnte ebenfalls dazu beitragen, heißt es in dem Bericht. Die Regierung habe ihre Aufwertungspolitik, die den Yuan von 2005 bis 2008 um rund 20 Prozent stärker werden ließ, "nicht beendet, sondern nur ausgesetzt", sagte der Autor Richard Herd vor der EU-Handelskammer in Peking. "Es ist schwierig, eine Politik der weiteren Aufwertung in einer Zeit zu vertreten, in der Exporte um 10 bis 20 Prozent fallen." Doch wäre eine Aufwertung auch im chinesischen Interesse und könne die Bekämpfung der Inflation einfacher machen, sagte Herd.
Der OECD-Bericht entstand in Kooperation mit amtlichen Stellen in Peking und ist nach 2005 erst der zweite über China. Er sagt voraus, dass die Volksrepublik, die Deutschland gerade den Titel des Exportweltmeisters abgenommen hat, in fünf bis sieben Jahren die USA als größter Produzent von Industriegütern überholen werde.
Die Erholung der chinesischen Wirtschaft, die sogar im Krisenjahr 2009 um 8,7 Prozent wuchs, setze sich nach dem ersten Anschub durch das Konjunkturprogramm "in einer großen Zahl von Bereichen" weiter fort, berichtete Herd. So legten private und ausländische Investitionen, der Export und die Industrie wieder zu. Sorgen mache allerdings der starke Preisanstieg bei Immobilien vor allem in Städten.