Stefan Bach

Immobilien Warum die Erbschaftsteuer immer mehr Menschen trifft

Stefan Bach
Ein Gastbeitrag von Stefan Bach
Weil Immobilien deutlich teurer geworden sind, werden Erben zunehmend steuerpflichtig. Höchste Zeit, die Freibeträge zu erhöhen – und gleichzeitig Privilegien zu streichen.
Foto: Zoonar / IMAGO

Die stark gestiegenen Immobilienpreise haben viele Eigenheimbesitzer und Kleinvermieterinnen reicher gemacht, vor allem in den Ballungsräumen. Das kommt inzwischen bei der Erbschaftsteuer an: Weil die Freibeträge seit über zehn Jahren gleich geblieben sind, werden mehr Menschen erbschaftsteuerpflichtig. Die Anpassungen der steuerlichen Immobilienbewertung durch das Jahressteuergesetz, die derzeit diskutiert werden , sind nur die Spitze des Eisbergs. In Kommunen mit amtlichen Immobilienpreissammlungen der Gutachterausschüsse werden die hohen Werte zumeist schon bisher veranlagt – vor allem bei Eigenheimen und Eigentumswohnungen, die den Großteil der Vermögen von Normalsterblichen ausmachen.

Das ist auch richtig so. Denn das Bundesverfassungsgericht verlangt zu Recht, dass Immobilien oder auch Unternehmen mit ihren aktuellen Marktwerten veranlagt werden. Sonst würden Immobilien wie früher gegenüber Finanzvermögen bevorzugt. Das würde die Steuergerechtigkeit verletzen.

Viele Menschen fürchten, dass ihr Familienvermögen nicht mehr erbschaftsteuerfrei an die Kinder übertragen werden kann. Das ist meistens übertrieben, denn hier gilt ein Freibetrag von 400.000 Euro je Elternteil und Kind. Ein Paar kann also insgesamt 1,6 Millionen Euro steuerfrei an zwei Kinder übertragen. Mit Schenkungen kann man das alle zehn Jahre wiederholen. Hochvermögende nutzen das häufig.

Mittelschichtfamilien mit Eigenheim und moderaten Ersparnissen halten aber gern ihre Vermögen bis ins hohe Alter zusammen. Je nach Testament erbt zunächst der überlebende Partner, meist die Frauen. Und wenn dann nach deren Tod alles an ein Kind geht, kann es in Ballungsräumen eng werden mit dem Freibetrag.

Dennoch kommen bei Erbschaften und Schenkungen von Eltern an ihre Kinder letztlich nur fünf bis zehn Prozent der Fälle mit den höchsten Übertragungen in die Steuerpflicht. Und selbst bei denen muss nur jener Teil des Vermögens versteuert werden, der den Freibetrag übersteigt. Auch die Steuersätze sind mit sieben und elf Prozent erst mal gering. Wenn Geschwister, Nichten und Neffen oder Freunde bedacht werden, liegt der Freibetrag aber nur bei 20.000 Euro und die Steuersätze sind höher. Trotz geringerer Übertragungen entsteht hier knapp die Hälfte des Erbschaftsteueraufkommens.

40.000 mehr Erbschaftsteuerpflichtige als vor zehn Jahren

Die Erbschaftsteuerfreibeträge wurden seit 2009 nicht mehr erhöht. Zugleich sind die Immobilienpreise seitdem um 50 bis 70 Prozent gestiegen, in Ballungsräumen wesentlich stärker. Tatsächlich kommen in den vergangenen Jahren deutlich mehr Fälle in die Steuerpflicht. Derzeit werden pro Jahr rund 40.000 Personen mehr zur Erbschaftsteuer veranlagt als vor zehn Jahren, das entspricht einem Zuwachs von einem Drittel. Davon sind knapp die Hälfte Ehepartnerinnen und Ehepartner oder Kinder – in diesen Gruppen liegt der Zuwachs sogar bei knapp 90 Prozent. Auch das Steueraufkommen hat sich seitdem mehr als verdoppelt.

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Diese Entwicklungen verstärken einen Trend, der schon länger bei der Erbschaftsteuer angelegt ist: Belastet werden vor allem die »armen Reichen«, die Immobilien oder Finanzvermögen bis zu höheren einstelligen Millionenbeträgen erben oder geschenkt bekommen. Bei diesen Vermögen gibt es nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten, abgesehen von Schenkungen alle zehn Jahre.

Bei sehr großen Vermögen entstehen dagegen häufig geringere oder gar keine Belastungen. Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen bleiben steuerfrei, wenn die Nachfolger das Unternehmen weiterführen. Selbst höhere dreistellige Millionenvermögen können im Rahmen einer Verschonungsbedarfsprüfung steuerfrei weitergegeben werden, wenn die Nachfolger kein Privatvermögen haben. Zudem gibt es weitere Steuersparmöglichkeiten, etwa mithilfe von Stiftungen.

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Aus all diesen Gründen ist eine deutliche Erhöhung der Erbschaftsteuerfreibeträge sinnvoll, wie sie derzeit die Union fordert. Zugleich sollte man die überzogenen Vergünstigungen für große Unternehmen und andere Steuerprivilegien deutlich reduzieren. Damit ließe sich immer noch ein höheres Steueraufkommen erzielen – das man dazu nutzen kann, um die Steuersätze zu senken, wenn das Steueraufkommen nicht steigen soll.

Eine stärkere Belastung von großen Vermögen durch die Erbschaftsteuer könnte aber auch dazu verwendet werden, die Kosten der gegenwärtigen Krisen zu finanzieren oder die hohe Steuer- und Abgabenbelastung der Mittelschichten zu senken.

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