Gewerkschaftsstudie zu Erwerbsarmut Fast drei Millionen Europäern fehlt das Geld zum Heizen – trotz Arbeit

Thermostat einer Heizung: Was tun, wenn das Geld fehlt?
Foto: Arno Burgi/ dpaLaut Berechnungen des europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) können fast drei Millionen Menschen in Europa ihre eigenen vier Wände nicht richtig heizen, obwohl sie einen Job haben. Rund 2,7 Millionen Menschen – das entspricht 15 Prozent der Europäer in der sogenannten Erwerbsarmut – fehle das nötige Geld für die Heizkosten, so der europäische Dachverband der Gewerkschaften.
»Es gibt Millionen unterbezahlter Arbeiter in Europa, die sich entscheiden müssen, ob sie ihre Häuser heizen, ihre Familie ernähren oder ihre Miete zahlen können, obwohl sie einen Vollzeitjob haben«, sagte EGB-Generalsekretärin Esther Lynch. Durch steigende Energiepreise werde das Problem noch größer.
Für die Analyse wertete der Gewerkschaftsbund entsprechende Daten des europäischen Statistikamts aus. Als armutsgefährdete Erwerbstätige (»Working Poor«) gelten dabei Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Lohns in einem Land verdienen.
Von dem Problem sind nicht alle Länder in der EU gleichermaßen betroffen. So sei in Zypern fast jeder zweite armutsgefährdete Erwerbstätige nicht in der Lage, adäquat zu heizen, so der EGB – gefolgt von Bulgarien (42,8 Prozent), Litauen (34,5 Prozent) und Portugal (30,6 Prozent). In Deutschland liegt die Quote der von Armut bedrohten Erwerbstätigen, die nicht ausreichend heizen können, dagegen lediglich bei 7,9 Prozent.
Strom und Gas sind in Europa derzeit so teuer wie nie – und dürften auch wegen Maßnahmen zum Klimaschutz noch teurer werden. Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 Prozent zu reduzieren. Bei der Energiewende müsse man sicherstellen, dass der verletzlichste Teil der Bevölkerung nicht den höchsten Preis bezahle, sagte EU-Klimakommissar Frans Timmermans vor rund einer Woche.
Der Gewerkschaftsbund forderte die EU nun dazu auf, in eine geplante Richtlinie zum Mindestlohn eine »Schwelle des Anstands« einzuführen, damit den Menschen genügend Geld zum Heizen bleibt. So liege der Mindestlohn in 20 europäischen Staaten unter der Armutsschwelle.