Fotostrecke

Zypern-Pleite: Beratungen in Brüssel, Demos in Nikosia

Foto: AP/dpa

Staatspleite abgewendet Minister beschließen Rettungsplan für Zypern

Kurz vor zwei Uhr nachts war es entschieden: Die EU-Finanzminister haben einem Rettungsplan für Zypern zugestimmt und machen damit den Weg für milliardenschwere Beihilfen frei. Die Laiki-Bank wird zerschlagen, Kleinsparer werden verschont, Gutbetuchte zur Kasse gebeten.

Brüssel - Zyperns Präsident Nikos Anastasiades twitterte nach Mitternacht, die Vorverhandlungen hätten zu einem Ergebnis geführt. Gut zwei Stunden später akzeptierten die EU-Finanzminister den Vorschlag der Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) mit Zypern. Das Rettungspaket beinhalte Kredithilfen der Euro-Staaten und des IWF von zehn Milliarden Euro.

Dafür musste Zypern aber massiv in Vorleistung gehen. Dem Vernehmen nach ist die Zwangsabgabe auf Bankguthaben vom Tisch. Allerdings soll die Laiki-Bank, die zweitgrößte Bank Zyperns, in eine Good Bank und eine Bad Bank zerschlagen werden. Einlagen bis zu 100.000 Euro seien dabei garantiert, während alle höheren Guthaben verlorengingen, erklärte ein EU-Diplomat.

Die Bank of Cyprus, die größte Bank Zyperns, soll die Kundeneinlagen unter 100.000 Euro von der Laiki-Bank aufnehmen. Auch sollen neun Milliarden Euro Schulden gegenüber der Zentralbank von Laiki an die Bank of Cyprus übergehen. Auch die Kunden dieser Bank müssten einen Sanierungsbeitrag leisten, sagte ein EU-Diplomat. So sei im Gespräch, dass ihre Einlagen in Anteilsscheine der Bank umgewandelt werden. Dem Vernehmen nach müssen Inhaber von Guthaben von über 100.000 Euro bei der größten Bank des Landes, der Bank of Cyprus, einen Verlust von 40 Prozent hinnehmen. Bestätigt sind all diese Angaben allerdings noch nicht.

Kaum war die Nachricht über den Deal in der Welt, stieg der Euro-Kurs und auch die asiatischen Börsen vermeldeten zum Start Gewinne.

Den ganzen Tag hindurch hatte Zyperns Präsident Nikos Anastasiades mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Währungskommissar Olli Rehn, EZB-Präsident Mario Draghi, aber auch mit IWF-Chefin Christine Lagarde getagt, um einen Deal auszuhandeln, der den Euro-Finanzministern vorgelegt werden konnte. Bei den dramatischen Marathon-Verhandlungen hatte Anastasiades sogar mit Rücktritt gedroht. Er habe sich geweigert, beide Großbanken Zyperns - die Bank of Cyprus und die Laiki-Bank - zu schließen, erklärten EU-Diplomaten. Wörtlich soll Anastasiades gesagt haben: "Ich mache euch einen Vorschlag. Den lehnt ihr ab. Ich schicke euch einen anderen; das Gleiche. Was wollt ihr denn? Wollt ihr mich zum Rücktritt zwingen? Wenn es das ist, was ihr wollt, dann sagt es."

Ohne Deal droht um Mitternacht die Staatspleite

Der überschuldete Euro-Staat Zypern stand unter enormem Zeitdruck: Wenn bis Montagabend kein Rettungspaket zustande gekommen wäre, hätte die EZB den bereits insolventen Banken den Geldhahn abgedreht. Zur Öffnung der Banken am Dienstag, nach mehr als einer Woche staatlich verordneter Schließung, hätte dann ein Ansturm auf die Geldhäuser und der Zusammenbruch des Finanzsektors gedroht. Die Kunden der beiden größten zyprischen Banken können seit Sonntagnachmittag nur noch 100 Euro täglich am Geldautomaten abheben.

Die Euro-Staaten und der IWF hatten Zypern zehn Milliarden Euro Hilfskredite angeboten - unter der Bedingung, dass Zypern selbst sieben Milliarden Euro zur Sanierung seiner Banken beisteuert. Ursprünglich sollte das Geld hauptsächlich über Zwangsabgaben auf alle Bankeinlagen hereingeholt werden. Die Euro-Zone hätte damit zum ersten Mal den Bankkunden in die Tasche gegriffen, nachdem zur Rettung Griechenlands bereits die Besitzer von Staatsanleihen Geld verlieren mussten.

Zypern mit seinem überdimensionierten Bankensektor sei ein Sonderfall, hatte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem betont. Der Plan, dem die Regierung zugestimmt hatte, erhielt im Parlament aber keine einzige Stimme. Die Abwicklung der Laiki-Bank wäre nun ohne erneute Zustimmung des Parlaments möglich, da die gesetzliche Grundlage zur Schließung von Banken bereits am Freitag beschlossen worden war.

rüd/reuters/dpa/AP/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten