EU-Pläne für Banken-Union Gefangen im Teufelskreis

Die Banken-Union soll die endgültige Antwort auf die europäische Bankenkrise sein - doch das ehrgeizige Projekt kommt nicht voran. Beim Treffen der EU-Finanzminister drehte sich die Diskussion wieder im Kreis. Die Bundesregierung mauert.
Wolfgang Schäuble und seine finnische Amtskollegin Jutta Urpilainen: Gute Laune, wenig Fortschritt

Wolfgang Schäuble und seine finnische Amtskollegin Jutta Urpilainen: Gute Laune, wenig Fortschritt

Foto: GEORGES GOBET/ AFP

Das Versprechen ist bald ein Jahr alt. Man wolle den Teufelskreis zwischen Bankenrettung und Staatsschulden durchbrechen, verkündeten die 27 EU-Regierungschefs im Sommer 2012. Künftig sollten Pleitebanken nicht mehr in Nacht- und Nebel-Aktionen vom Steuerzahler gerettet, sondern in einer europäischen Banken-Union aufgefangen oder abgewickelt werden.

Seitdem wird diskutiert, wie diese Banken-Union aussehen soll - auch am Dienstag wieder: Die EU-Finanzminister verhakten sich in Brüssel in der Frage, wie Anteilseigner, Gläubiger und Sparer an künftigen Rettungsaktionen beteiligt werden könnten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) fordert eine klare Hackordnung: Zuerst sollen die Anteilseigner einer Bank herangezogen werden, dann die Gläubiger, dann die Sparer. Mehrere Minister hingegen sprachen sich gegen feste Regeln aus: Sie wollen lieber von Fall zu Fall entscheiden. Einige wollen bestimmte Bankkunden wie Krankenhäuser und gemeinnützige Einrichtungen von Belastungen ausnehmen. Andere lehnen die Beteiligung von Sparern generell ab.

Die Positionen hätten sich angenähert, sagte der Vorsitzende, Irlands Finanzminister Michael Noonan, hoffnungsfroh zum Abschluss der Diskussion. Man wolle beim nächsten Treffen im Juni eine Einigung erzielen. Das ist eine reichlich optimistische Einschätzung. Für unabhängige Beobachter war kein Fortschritt zu erkennen.

Dabei sollte Zypern eigentlich allen Beteiligten die Dringlichkeit für eine Banken-Union vor Augen geführt haben. Die verpatzte Rettung der zyprischen Banken, die Kapitalverkehrskontrollen auf der Insel nötig machte, gilt als abschreckendes Beispiel. Immerhin hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass Bankguthaben unter 100.000 Euro in keinem Fall angerührt werden dürfen. Einlagen bis zu dieser Grenze seien europaweit "sakrosankt", erklärte Sitzungsleiter Noonan.

Schäuble auf Konfrontationskurs zu EZB und Kommission

Noch umstrittener ist der zweite Baustein der Banken-Union, der gemeinsame Abwicklungsfonds. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici bekräftigte die Forderung, dass man eine "komplette Banken-Union" brauche - und zwar möglichst schnell. Auch Spanien und Italien machen Druck, die Regierung in Madrid sprach diese Woche von einem "Glaubwürdigkeitstest" für die EU.

Aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die Bundestagswahl fest im Blick, hatte der baldigen Einrichtung eines gemeinsamen Abwicklungsfonds bereits vor dem Treffen eine Absage erteilt. Ohne eine Veränderung der EU-Verträge sei dies nicht möglich, hatte er in der "Financial Times" geschrieben. Stattdessen plädierte er für ein "Netzwerk nationaler Behörden". In einem zweiten Schritt könne man dann über einen gemeinsamen Fonds reden. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung hat keine Eile, die gut gefüllte deutsche Bankenabsicherung in einen europäischen Fonds einzubringen.

Damit steuert Schäuble auf Konfrontationskurs zu EZB und EU-Kommission. Die Zentralbank fordert, dass alle Bausteine der Banken-Union komplett sind, wenn die neue europäische Bankenaufsicht unter ihrem Dach im ersten Halbjahr 2014 die Arbeit aufnimmt. Ihre Befürchtung: Ohne die Drohung, ein marodes Geld-Institut auch abwickeln zu können, werde die Aufsicht nicht wirksam arbeiten können.

Im Juni will EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier seinen Entwurf für eine europäische Behörde zur Abwicklung von Banken vorlegen. "Prävention ist immer billiger als Reparatur", erinnerte der Franzose am Dienstag. Doch Schäubles Intervention scheint diesen Plan bereits entwertet zu haben, bevor er überhaupt vorliegt. Die Bundesregierung argumentiert, dass die EU unter dem Lissabon-Vertrag nicht die Macht habe, die Abwicklung von Banken gegen nationale Regierungen durchzusetzen. Die Juristen von Kommission und EZB sehen das anders.

Moscovici sprach sich dafür aus, die rechtlichen Bedenken zu prüfen. "Das darf uns aber nicht davon abhalten voranzugehen", sagte er. Sollte Schäuble sich durchsetzen, würde die Banken-Union voraussichtlich noch Jahre auf sich warten lassen. Das jedoch kann die EU sich nicht leisten. Angesichts der anhaltenden finanziellen Unsicherheit in Südeuropa, warnte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Montag, seien Fortschritte bei der Banken-Union "dringend".

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