EU-Geldpolitik Barroso und Merkel verteidigen Europäischen Währungsfonds

EU-Kommissionschef Barroso: "Rahmen für koordinierte Unterstützung"
Foto: Olivier Hoslet/ dpaBrüssel/Frankfurt am Main - EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat bekräftigt, einen Europäischen Währungsfonds (EWF) oder ein anderes Hilfsinstrument für wackelnde Euro-Staaten vorzuschlagen. Dieser "Rahmen für koordinierte Unterstützung" müsse aber von allen Euro-Staaten mitgetragen werden, sagte Barroso am Dienstag in Straßburg. Einen Zeitplan für das Vorhaben nannte er nicht.
Die EU wirkt in der Griechenland-Krise hilflos. Das Land drücken enorme Schulden, die in den kommenden Monaten refinanziert werden müssen. Gelingt dies nicht, droht die Insolvenz. Um ein ähnliches Debakel wie nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zu verhindern, müsste die Europäische Union Griechenland wohl retten - obwohl das der Satzung der Währungsunion widerspricht.
Griechenland stellt den Euro-Raum also vor seine erste große Bewährungsprobe. Einige Top-Politiker wollen für ähnliche Situationen nun vorsorgen - und erwägen einen Stützungsfonds für klamme Euro-Staaten nach Vorbild des . Im Gespräch sind Liquiditätshilfen für klamme Euro-Länder, die mit harten Sparauflagen verknüpft werden sollen. Unter anderem hatte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für eine solche Maßnahme stark gemacht.
Kanzlerin Angela Merkel stärkte ihrem Minister am Dienstag den Rücken - und verteidigte das Projekt: Ein EWF sei als letztes Mittel denkbar und müsse auch "die ordnungsgemäße Insolvenz eines Staates" regeln, sagte die CDU-Politikerin nach einem Gespräch mit Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Der Stabilitätspakt werde damit nicht aufgeweicht.
Juncker plädierte ebenfalls für den Fonds. Dieser spreche die Euroländer aber nicht von ihrer Verantwortung frei, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen: "Das darf keine Einladung sein, sich im Sessel zurückzulehnen", sagte der luxemburgische Regierungschef.
"Nicht mit Währungsunion vereinbar"
Ökonomen kritisieren den Vorschlag dagegen: Bundesbank-Präsident Axel Weber sagte, es sei wichtiger, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu "härten", anstatt über neue EU-Institutionen zu debattieren. Ein Währungsfonds in Europa sei nur dann akzeptabel, wenn damit eine strengere Überwachung von Defizitverstößen verbunden wäre. "Ich bin mit jedem Plan B einverstanden, der eine Stärkung von Plan A beinhaltet."
Europa habe mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt bereits einen guten Plan A, "und es stellt sich die Frage, ob man, um diesen noch besser umzusetzen, andere Institutionen braucht". Analog zu Überwachungsprogrammen des Internationalen Währungsfonds (IWF) könne es gegebenenfalls aber sinnvoll sein, bereits frühzeitig, bevor die Defizitgrenze von drei Prozent gerissen werde, einzugreifen. Geld dürfe aber in keinem Fall fließen.
Weber formulierte seine Kritik an Plänen in der EU damit weit weniger scharf als EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Dieser hatte in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" mit harschen Worten auf entsprechende Ideen reagiert und erklärt, ein EWF sei nicht mit der Geschäftsgrundlage der Währungsunion vereinbar. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hat sich bislang nicht zu den Plänen geäußert.
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer sprach sich für den EU-Währungsfonds aus. "Ich finde den Vorschlag sehr gut, denn was wir bisher vermisst haben in der Währungsunion, ist ein Instrument zum Krisenmanagement", sagte Mayer zu Reuters TV. Der Vorschlag nehme die Lehren aus der griechischen Krise auf. Wichtigste Funktion eines Fonds sei es, eine geordnete Insolvenz eines Landes zuzulassen, was bislang nicht möglich sei.
EU nimmt Leerverkäufe von CDS ins Visier
Eine Staatspleite Griechenlands könnte angesichts eines derzeit fehlenden Mechanismus durchaus Auswirkungen wie der Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers haben. "Wir würden einen großen, negativen Schock für das europäische Finanzsystem und womöglich für das globale Finanzsystem bekommen", sagte Mayer.
Neben einem Währungsfonds diskutiert die EU noch weitere Maßnahmen gegen eine mögliche Euro-Krise. So will die Kommission bei den anstehenden Finanzmarktreformen die sogenannten Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps/CDS) besonders ins Visier nehmen. Spekulation habe die Probleme in Griechenland nicht verursacht, aber beschleunigt, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Dienstag in Straßburg. Das zeige, wie nötig eine "fundamentale Reform" des Derivatemarktes sei.
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will bis zum Sommer einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie über Derivate vorlegen und bis Jahresende über Marktmissbrauch. Daneben sei aber ein Ad-hoc-Nachdenken über CDS besonders auf Staatsschulden nötig, sagte Barroso. "In diesem Zusammenhang muss das Problem der Leerverkäufe besonders beachtet werden." Auf rein spekulativer Basis sei der Kauf einer solchen Versicherung nicht gerechtfertigt. Kurzfristig sei ein abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten nötig. "In diesem Zusammenhang wird die Kommission die Bedeutung eines Verbots rein spekulativer Leerverkäufe von Credit Default Swaps auf Staatsschulden genau untersuchen."