Streit mit China EU-Mehrheit lehnt Solar-Strafzölle ab

Produktion von Solarmodulen in China: EU-Staaten fürchten Handelskrieg
Foto: STRINGER/CHINA/ REUTERSBrüssel - Die Mehrheit der 27 EU-Mitgliedsländer lehnt offenbar den Plan der EU-Kommission ab, im Solarstreit mit China hohe Strafzölle gegen das Land zu verhängen. 17 Länder hätten sich gegen die Anti-Dumping-Maßnahme ausgesprochen, wurde SPIEGEL ONLINE bestätigt. Zuvor hatte das "Handelsblatt" über den Widerstand der Mitgliedstaaten berichtet.
Nein-Stimmen kamen nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen vor allem aus Osteuropa, Skandinavien, Großbritannien - und Deutschland. Philipp Rösler habe im Namen der Bundesregierung eine "ablehnende" Stellungnahme zu diesem Thema abgegeben, teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage mit.
EU-Handelskommissar Karel De Gucht will am 6. Juni vorläufig einen Strafzoll von 47 Prozent auf chinesische Solarmodule einführen. Dabei kann er sich über den Widerstand der EU-Staaten hinwegsetzen. Erst wenn die Kommission den Zoll nach sechs Monaten endgültig verhängen will, braucht sie die Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten.
De Gucht traf am Montag in Brüssel zu Gesprächen mit dem chinesischen Vize-Handelsminister zusammen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler teilte in Berlin mit, allein diese Gespräche bewiesen schon Chinas Verhandlungsbereitschaft, so dass die EU auf das Druckmittel verzichten könnte.
Deutschland und andere Staaten lehnen das Vorgehen gegen chinesisches Preisdumping, das deutsche Solarhersteller angestoßen hatten, aus Sorge vor Vergeltungsmaßnahmen Chinas gegen andere Industriezweige ab. Dem "Handelsblatt" zufolge hat die Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission offiziell abgelehnt.
Das deutsche Nein kam der Zeitung zufolge durch die Intervention von Philipp Rösler zustande. Das Bundesumweltministerium hatte für Enthaltung plädiert, was im Ergebnis aber in Brüssel als Zustimmung gewertet worden wäre.
Auch der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat in dem Solarstreit zu Gelassenheit geraten. "Die Sache ist nicht entschieden", sagte der CDU-Politiker vor einer CDU-Präsidiumssitzung am Montag in Berlin. Er selbst halte "von formalen Verfahren wenig, aber die Prüfung läuft und muss ergeben, ob es für Dumping in größerem Umfang Nachweise gibt". Oettinger betonte dabei, dass der Fall von Deutschland aufgebracht worden sei. "Es waren deutsche Unternehmen, die uns den Antrag gestellt haben zu prüfen, auch der Umweltminister hat sie unterstützt."
Der neue chinesische Ministerpräsident Li Keqiang hatte bei seinem Deutschland-Besuch den Ton verschärft. Vor dem Hintergrund der nach wie vor schwächelnden Weltwirtschaft seien internationale Handelsschranken besonders fragwürdig.
Die europäische Solarindustrie hält an ihrer Forderung allerdings fest: "Wir begrüßen, dass sich die Bundesregierung für eine einvernehmliche Lösung einsetzt", sagte der Präsident der Initiative EU ProSun, Milan Nitzschke, am Montag. "Das Ergebnis von Verhandlungen muss aber sein, dass China Dumping im Solar-Bereich beendet", sagte Nitzschke. China dürfe nicht die internationalen Handelsregeln brechen und Tausende von Arbeitsplätzen in Deutschland gefährden.
Nitzschke, der rund 40 europäische Solarfirmen vertritt und zudem Sprecher der Bonner Solarworld ist, bekräftigte, mit den Zöllen könne eine ruinöse Abwärtsspirale bei den Preisen gestoppt werden - dies zeige das Beispiel der USA, die Strafzölle verhängt hätten. Solarworld hatte die Anti-Dumping-Initiative angestoßen.