Schwarze Liste Briten wollen Regeln für Steueroasen abschwächen

Die EU will endlich eine eigene schwarze Liste von Steueroasen erstellen. Doch insbesondere die Briten blockieren das Vorhaben - sie sorgen offenbar schon für die Zeit nach dem Brexit vor.
Steueroase Panama

Steueroase Panama

Foto: Joe Raedle/ Getty Images

Die EU will seit Langem eine gemeinsame schwarze Liste von Steueroasen erstellen, um Staaten wie die Britischen Jungferninseln, Panama oder Gibraltar stärker unter Druck setzen zu können. Doch das Vorhaben stockt: Die EU-Staaten können sich nicht über zentrale Punkte einigen, wie ein internes EU-Dokument zeigt, das SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Bei dem Papier handelt es sich um den Entwurf für die Schlussfolgerungen des Finanzministertreffens, das am Dienstag in Brüssel stattfindet. Demnach versuchen manche Mitgliedstaaten - nach Angaben von Insidern soll es sich dabei vor allem um Großbritannien und Irland handeln -, die bisher im Raum stehenden Kriterien für die schwarze Liste aufzuweichen.

Eigentlich sollen Staaten in Sachen Steuertransparenz drei Kriterien erfüllen:

  • Sie sollen am automatischen Austausch von Steuerinformationen teilnehmen. Auf diese Weise erfahren Steuerbehörden, was Unternehmen in anderen Staaten tun und wie sie dort besteuert werden.
  • Sie sollen sich zumindest "im Großen und Ganzen" am sogenannten Informationsaustausch auf Anfrage beteiligen, der den automatischen Informationsaustausch ergänzt.
  • Sie sollen am OECD-Übereinkommen über gegenseitige Amtshilfe in Steuerfragen teilnehmen.

Im Entwurf der Finanzminister-Schlussfolgerungen schlägt die slowakische Ratspräsidentschaft nun aber vor, dass schon die Erfüllung von zwei der drei Kriterien genügen soll - während einer Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2019.

Nach Angaben von Insidern ist das vor allem auf Druck von Großbritannien geschehen. Die "zwei von drei"-Regel wäre wie maßgeschneidert für die USA, die nicht am automatischen Informationsaustausch teilnehmen. Die Briten, so argwöhnen manche, bauen damit bereits für die Zeit nach dem Austritt aus der EU vor. Denn nach dem Brexit werden sie unbedingt ein Handelsabkommen mit den USA abschließen wollen. Ein Konflikt in Steuerfragen wäre da wenig hilfreich.

"Es ist besonders perfide, dass Großbritannien nicht nur die Kriterien schwächen will, sondern gleichzeitig bis 2019 eine Übergangsphase möchte", sagt der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold. "Großbritannien müsste die verwässerte Liste dann gar nicht mehr voll anwenden." Dass die Briten ihre noch bestehende EU-Mitgliedschaft für solche Verhandlungsstrategien nutzten, während zugleich der Brexit-Prozess laufe, sei "unlauter". Immerhin: Aus Verhandlungskreisen war am Montag zu hören, dass auch über eine Verkürzung der Übergangsfrist auf Ende 2018 diskutiert werde.

Ärger gibt es auch in Sachen "faire Besteuerung". Wer nicht auf der schwarzen Liste landen wollte, so hieß es bisher, sollte ein System zur Unternehmensbesteuerung besitzen und keinen Steuersatz von Null oder nahe Null aufweisen. Das soll verhindern, dass Profite in Steueroasen abwandern, die mit der Erwirtschaftung des Geldes gar nichts zu tun haben.

"Über dieses Kriterium konnte keine Einigkeit erzielt werden", heißt es nun im Entwurf der Minister-Schlussfolgerungen. Einige Länder hätten argumentiert, dass der Steuersatz allein kein Zeichen einer schädlichen Steuerpraxis sei. Andere wiederum halten genau das für eine zentrale Anforderung. In dem Papier ist auch ein möglicher Kompromiss vorgezeichnet: Einige Delegationen hätten signalisiert, dass sie mit dem Verbot eines Nullsteuersatzes leben könnten - solange ein Steuersatz von "fast Null" erlaubt bleibt.

Eine Einigung scheint derzeit nicht in Sicht - dabei wäre die Schwarze Liste der Steueroasen nach den jüngsten Skandalen um die "Luxemburg Leaks" und die "Panama-Papiere" dringend notwendig. Bisher hat die EU-Kommission lediglich eine improvisierte Aufstellung aus den Negativlisten der einzelnen Mitgliedstaaten gebastelt. Doch sie hat erhebliche Lücken. Panama etwa gilt demnach nur in acht von 28 EU-Staaten als Steuerparadies. Manche EU-Länder haben bis zu 85 Länder auf ihrer schwarzen Liste, andere - wie etwa Deutschland - kein einziges.

Wann aber die gemeinsame schwarze Liste der EU kommt, steht in den Sternen. Ein Zeitplan, meint ein EU-Diplomat lakonisch, komme dann, wenn man sich auf ihn verständigt habe. Welche Konsequenzen den Staaten drohen, die auf der Liste landen, wurde bisher noch gar nicht diskutiert.


Zusammengefasst: Die EU will nach den jüngsten Steuerskandalen endlich eine gemeinsame schwarze Liste von Steueroasen erstellen. Doch das Vorhaben droht im Kleinklein der stark unterschiedlichen Interessen von Hochsteuer- und Niedrigsteuerländern zu versinken. Zudem versuchen die Briten offenbar schon jetzt, für die Zeit nach dem Brexit vorzusorgen - indem sie die USA schützen.

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