Gauweiler-Klage EuGH verhandelt über deutschen Streit um Euro-Rettung

Europäischer Gerichtshof in Luxemburg: Fragile Balance
Foto: Thomas Frey/ picture alliance / dpaBrüssel/Luxemburg - Das umstrittene Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Kauf von Staatsanleihen beschäftigt am Dienstag den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Die Richter werden sich in einer mündlichen Verhandlung mit der Frage befassen, ob die Notenbank mit dem Programm innerhalb ihrer Kompetenzen geblieben ist. Ein Urteil wird erst in etwa einem Jahr fallen.
Dabei geht es um die Ankündigung der Notenbank aus dem Sommer 2012, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen. Die EZB hat das Instrument niemals genutzt, dennoch sanken die Risikoaufschläge auf Staatsanleihen vieler europäischer Länder nach der Ankündigung merklich.
Geklagt hatte unter anderem der CSU-Politiker Peter Gauweiler. Bei dem Termin werden unter anderem Vertreter der Kläger sowie der Bundesregierung, des Bundestages, der EZB, des Europaparlaments und der EU-Kommission ihre Argumente vortragen. Die Verhandlung ist für den gesamten Tag angesetzt.
Das Bundesverfassungsgericht war im Februar zu dem Schluss gekommen, dass das Programm rechtswidrig war. Allerdings musste Karlsruhe die Entscheidung dem EuGH überlassen, weil die EZB als EU-Organ nur dessen Rechtsprechung unterliegt.
Karlsruhe hat den Weg bereits gewiesen
Im Kern der Klage geht es um die Frage, ob die EZB Anleihen von Euroländern unbegrenzt ankaufen darf. Nach den Europäischen Verträgen ist der EZB nur Geldpolitik erlaubt - etwa um Einfluss auf die Zinsentwicklung zu nehmen und somit Preise stabil zu halten und Inflationsgefahren zu minimieren. Eine eigenständige Wirtschafts- und Finanzpolitik wie etwa eine Staatsfinanzierung mit der Notenpresse ist der Zentralbank dagegen untersagt.
Die Gefahr eines solchen Vorgehens zur Staatsfinanzierung sahen die Verfassungshüter, obwohl im Rahmen des sogenannten OMT-Programms bis dahin noch kein Cent geflossen war.
In ihrer Entscheidung skizzierten die Karlsruher Richter allerdings auch, mit welchen Änderungen das Ankaufprogramm in Deckung mit dem EZB-Mandat gebracht werden könnte: Es müsste demnach etwa sichergestellt werden, dass Staatsanleihen einzelner Mitgliedstaaten "nicht in unbegrenzter Höhe angekauft werden" dürfen. Zudem müssten ein Schuldenschnitt für marode Staaten ausgeschlossen und Eingriffe in die Preisbildung am Anleihenmarkt weitestgehend vermieden werden.
EuGH soll Grenzen setzen
Es ist gut möglich, dass der EuGH dies ähnlich sieht und ebenfalls Einschränkungen für möglich hält, ohne dass das Ankaufprogramm für Spekulanten berechenbar und damit zu einer stumpfen Waffe für die EZB wird. In dem Verfahren geht es aber um mehr - nämlich um die für manche bereits allzu große Macht Karlsruhes im europäischen Gerichtsverbund. Spanien und Italien etwa forderten einem Bericht der "Welt am Sonntag" zufolge in ihren Schriftsätzen den EuGH auf, Karlsruhe Grenzen zu setzen und die Befugnisse der EZB zu stärken.
Bei solch einem Ausgang des Luxemburger Verfahrens, das hatte Karlsruhe bereits angekündigt, würde es das Urteil als nicht bindend für die Bundesrepublik erklären. Gut möglich, dass dann andere nationale Verfassungsgerichte etwa aus den nordischen EU-Ländern, dem Beispiel folgen könnten - mit unabsehbaren Folgen für den Euro.
Beobachter gehen davon aus, dass der EuGH es nicht zum Knall kommen lassen wird und vielmehr sein Selbstverständnis als Hüter der Bürgerrechte stärken könnte. Nachdem das Gericht im März die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit Blick auf die Privatsphäre der Bürger für unverhältnismäßig erklärt hatte, könnte es nun einer von den nationalen Parlamenten völlig losgelösten Geldpolitik des EU-Organs EZB durchaus eine Absage erteilen.
Wohin die Richter - der Vorsitzende ist Grieche, sein Berichterstatter Däne - jeweils tendieren, könnte die mündliche Verhandlung am Dienstag zeigen. Ihre Worte dürften bis zur Urteilsverkündung in einigen Monaten von Befürwortern und Kritikern der EZB auf die Goldwaage gelegt werden.
Rechtssache C-62/14