Beim Geschacher um die Griechenland-Rettung wähnen sich die Banken in einer starken Verhandlungsposition. Doch ohne die Hilfe der Euro-Länder würden sie einen Großteil ihres Geldes nie wiedersehen. Die Politik sollte deshalb selbstbewusster auftreten - und einen harten Schuldenschnitt erzwingen.
Hamburg - Es klingt wie ein großzügiger Vorschlag: Die internationalen Banken sind dazu bereit, auf 40 Prozent ihrer Forderungen an
Griechenland zu verzichten, um dem überschuldeten Land zu helfen. Wie edelmütig? Nein, wie irreführend! Denn seit Monaten ist klar, dass Griechenland ohne Unterstützung der Euro-Staaten längst pleite wäre - und die privaten Gläubiger viel Geld verloren hätten. Was also gibt es da eigentlich zu verhandeln?
Eigentlich nichts. Mal angenommen, die Euro-Staaten würden Griechenland fallen lassen und keine weiteren Hilfen mehr überweisen. Dann wäre Griechenland binnen weniger Tage oder Wochen offiziell zahlungsunfähig. Und da es noch immer kein geregeltes Verfahren zur Staatsinsolvenz gibt, ginge das Geschacher mit den Gläubigern los, wer wie viel von seinem verliehenen Geld zurückbekommt.
Die Kredite des Internationalen Währungsfonds (
IWF) müssten dabei vorrangig behandelt werden, so ist es vertraglich vereinbart. Der Fonds würde sein Geld deshalb wohl zu 100 Prozent zurückbekommen - wenn die Griechen noch so viel übrig haben.
Was darüber hinaus noch bleibt, würde zwischen den verbliebenen Gläubigern aufgeteilt: zwischen den Euro-Staaten, der
Europäischen Zentralbank (EZB) und den privaten Investoren, zu denen vor allem die Banken gehören. Man kann sich vorstellen, dass die EZB und die Euro-Staaten eine stärkere Verhandlungsposition hätten als die Banken. Schließlich wäre Griechenland auf ihre Hilfe angewiesen, wenn es je wieder aus der Krise herauskommen will.
Ein Schuldenschnitt von 60 Prozent wäre das Mindeste
Für die Finanzinstitute würde also nicht mehr viel übrig bleiben - ob nun 30, 40 oder 50 Prozent ihrer ursprünglichen Investments, kann vorher niemand so genau sagen. Doch selbst wenn es 60 Prozent wären, würden nicht alle Banken in Europa das überstehen. Einige wären von der Pleite bedroht - und um eine Kettenreaktion zu verhindern, müsste das gesamte Bankensystem von den Staaten und der EZB gestützt werden - wie schon im Jahr 2008 nach dem Zusammenbruch der US-Bank
Lehman Brothers.
Es sieht also nicht gut aus für die Finanzbranche. So oder so: Sie ist auf die Hilfe der Staaten angewiesen. Und man muss schon ziemlich dreist sein, um in einer solchen Situation noch große Forderungen zu stellen.
Noch verwunderlicher ist allerdings, dass sich die europäische Politik überhaupt auf die Spielchen der Banken einlässt. Statt mit dem Branchenvertreter
Josef Ackermann um Prozente zu feilschen wie ein Kleinanleger mit seinem Sparkassenberater, sollten die Euro-Staaten einig und stark genug sein, den Banken die Bedingungen zu diktieren. Schließlich sitzen sie am längeren Hebel.
Ein Schuldenschnitt von 60 Prozent für die privaten Gläubiger wäre das Mindeste, was Griechenland braucht, um die Situation einigermaßen zu stabilisieren. Es würde bedeuten, dass die Banken nur 40 Prozent dessen wiederbekommen, was sie investiert und als Rendite eingeplant haben. Dann würde sich die Situation Griechenlands wohl wenigstens nicht weiter verschlimmern.
Für einen wirklichen Befreiungsschlag wäre das aber immer noch zu wenig. Die Euro-Staaten und der IWF müssten weiter mit Hilfen einspringen. Wenn sie es ernst meinen mit ihrem Ziel, Griechenlands Schulden wieder tragfähig zu machen, müssen sie deshalb nicht nur gegenüber den Banken hart bleiben. Sie sollten zudem auch darüber nachdenken, selbst auf einen Teil ihrer Forderungen an Griechenland zu verzichten.