Euro-Krise Bundesregierung will Dauer-Rettungsschirm früher aufspannen

Passanten vor dem Europaparlament: Mehr Sicherheit durch den neuen Schirm
Foto: Thierry Monasse/ dpaHamburg - Die Bundesregierung erwägt nach Informationen des SPIEGEL, den Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) schon im nächsten Jahr in Kraft treten zu lassen - und nicht erst 2013. Wenn alle beteiligten Parlamente den Vertrag für die neue internationale Finanzinstitution ratifiziert hätten, sei es sinnvoll, dass sie sofort ihre Arbeit aufnehme, heißt es im von Wolfgang Schäuble (CDU) geführten Bundesfinanzministerium.
Der ESM soll zum dauerhaften Rettungsschirm für den Euro werden und so den derzeitigen Rettungsschirm EFSF ablösen. Ein früherer Start birgt nach Angaben aus dem Finanzministerium eine Reihe von Vorteilen. Vor allem würden sich dadurch künftig Forderungen nach einem Pfand für Hilfen erübrigen, wie Finnland sie derzeit gegenüber Griechenland erhebt. Im Gegensatz zum EFSF wird der ESM über ein eingezahltes Kapital von 80 Milliarden Euro verfügen, das als Sicherheit dient.
Die finnische Regierung verlangt für ihre Beteiligung an einem neuen Hilfspaket für Griechenland ein Pfand. Die Forderung ist höchst umstritten, weil andere Länder eine Gleichbehandlung verlangen und damit die gesamte Konstruktion des Rettungspakets gefährdet werde könnte.
Inzwischen zeichnet sich aber eine Lösung ab. Die Finnen sollen eine Sicherheit bekommen, aber nur, wenn sie ihren Anteil am Kapital des ESM in Höhe von knapp 1,5 Milliarden Euro auf einen Schlag einzahlen. Diese Möglichkeit soll allen anderen Ländern auch offenstehen. Allerdings rechnet in Berlin niemand damit, dass die Finnen viele Nachahmer finden. Die meisten Länder, so auch Deutschland, würden ihr Kapital, wie ursprünglich geplant, in fünf gleichen Jahresraten in den ESM einzahlen.
Zunächst muss die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) jedoch Ende September die geplante Aufstockung des EFSF durchs Parlament bringen. In Union und FDP gibt es erheblichen Widerstand gegen die geplante Erhöhung der Garantiesumme von derzeit 440 auf 780 Milliarden Euro. Deshalb gilt es als unsicher, ob Merkel genügend Ja-Stimmen aus den Regierungsfraktionen - die sogenannte Kanzlermehrheit - erhält.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, Merkel habe "durchaus noch einmal die Chance, eine Kanzlermehrheit zu bekommen". Man habe eine umfassende parlamentarische Beteiligung bei künftigen Rettungsmaßnahmen durchgesetzt und damit die Unzufriedenheit in der Koalition zumindest vorübergehend kanalisiert. Richtig schwierig werde es für die Bundeskanzlerin aber, "wenn es im Oktober um die nächste Tranche für Griechenland und Anfang 2012 um den dauerhaften Rettungsschirm ESM geht".
Auch die Bundesländer drängen auf mehr Mitsprache bei neuen Finanzhilfen. In einem einstimmigen Beschluss verlangte der Bundesrat am Freitag, zu künftigen Entscheidungen des EFSF eine "umfassende und fortlaufende Unterrichtung zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt".