Euro-Rettung Was auf dem Gipfel beschlossen wurde

Den großen Wurf haben die EU-Staaten auf ihrem Gipfel verpasst. Nur 23 von 27 Ländern konnten sich auf einen gemeinsamen Haushaltspakt einigen. Dennoch haben die Regierungschefs einige weitere Rettungsmaßnahmen vereinbart. Ein Überblick über die wichtigsten Entscheidungen.
Euro-Rettung: Was auf dem Gipfel beschlossen wurde

Euro-Rettung: Was auf dem Gipfel beschlossen wurde

Foto: Michel Euler/ AP

Brüssel - Es ist eines der folgenreichsten Treffen in der Geschichte der Europäischen Union. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wollen die Partnerländer die Strategie für die Euro-Rettung festzurren und die Schuldenkrise eindämmen. Zentrale Entscheidungen sind bereits gefallen. Doch nicht alle dürften bei der Beilegung der Krise helfen.

So scheitern die 27 EU-Staaten mit der gemeinsamen Vertragsänderung für einen schärferen Haushaltspakt. Großbritannien blockte diesen Vorschlag ab. Das heißt: Die EU spaltet sich auf. Die 17 Euro-Länder und sechs weitere EU-Staaten wollen einen neuen Vertrag zur Gründung einer Fiskalunion schließen.

Der separate Vertrag soll bis März ausgehandelt sein. Schuldenbremsen und automatische Sanktionen gegen Defizitsünder sollen darin ein solides Haushalten garantieren. Die restlichen vier EU-Staaten, neben Großbritannien gehören dazu auch Ungarn, die Tschechische Republik und Schweden, bleiben bei der engeren Verzahnung zunächst außen vor. Das ist ein schwerer Rückschlag für die gesamte EU, die sich nun in zwei Geschwindigkeiten bewegen könnte.

Experten prophezeien zudem rechtliche Probleme. Der britische Premierminister David Cameron hat bereits angedroht, der geplanten neuen Fiskalunion aus der Euro-Gruppe und sechs weiteren EU-Staaten die Nutzung der EU-Institutionen zu verweigern. "Die Institutionen der Europäischen Union gehören der Europäischen Union, den 27", sagte Cameron am Freitagmorgen in Brüssel.

Mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wollen die Euro-Staaten ein Bollwerk um ihre gemeinsame Währung errichten. Dieser dauerhafte Rettungsschirm ESM sollte ursprünglich erst Mitte 2013 kommen und den Rettungsfonds EFSF für klamme Euro-Staaten ablösen. Doch nun wird der ESM auf Mitte 2012 vorgezogen und nach einer Übergangsphase den jetzigen Euro-Rettungsfonds EFSF ersetzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel konnte sich mit der Forderung durchsetzen, dass der ESM keine Banklizenz bekommt. Das heißt, der Fonds kann sich keine Kredite bei der Europäischen Zentralbank (EZB) holen, um seine Schlagkraft zu erhöhen. Merkel fürchtete eine höhere Inflation. Außerdem ist eine solche Umweg-Finanzierung von Staaten durch die EZB verboten.

Die Staats- und Regierungschefs vereinbarten auch, dass die Ausleihkapazität des Krisenfonds EFSF mit Hilfe eines Kredithebels bald ausgeweitet wird. Geplant ist eine Verdreifachung auf etwa 750 Milliarden Euro.

Die EU-Staaten ändern ihre Strategie zur künftigen Privatgläubigerbeteiligung im Falle von Staatspleiten. Zur Rettung Griechenlands wurde im Sommer ein Schuldenschnitt ausgehandelt. Das heißt: Private Gläubiger, etwa Banken, verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen. Dieses Verfahren will die EU künftig nicht mehr für andere Länder anwenden.

Die bisherige Politik zur Privatgläubigerbeteiligung bei Staatspleiten werde nicht mehr verfolgt, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Die Einbeziehung von Banken und Versicherungen bei der Rettung Griechenlands habe die Märkte zu sehr verunsichert. "Unser erster Ansatz zur Beteiligung des Privatsektors hatte einen sehr negativen Effekt, jetzt ist er offiziell vorüber", sagte Van Rompuy. Diese Entscheidung ist eine Niederlage für Kanzlerin Merkel. Deutschland wollte private Gläubiger auch bei künftigen Schuldenschnitten bluten lassen.

Bei ihrem Kampf gegen die Schuldenkrise wollen EU-Staaten nun den Internationalen Währungsfonds stärker einbinden. Die Euro-Länder und andere Mitgliedstaaten wollen dem Fonds bis zu 200 Milliarden Euro bereitstellen, kündigte EU-Ratspräsident Van Rompuy an. Das Geld soll von Notenbanken der EU-Länder kommen, der IWF wiederum soll daraus Hilfen für Euro-Krisenländer finanzieren. Diplomaten zufolge war darüber diskutiert worden, dass die Notenbanken der 17 Euro-Länder rund 150 Milliarden Euro übernehmen, die Zentralbanken der restlichen zehn EU-Länder die verbleibenden rund 50 Milliarden Euro.

mmq/dpa/dapd/Reuters/AFP
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