Europäische Einlagensicherung Haften deutsche Sparer nun für die Banken der Krisenländer?

Blick auf das Bankenzentrum Frankfurt: Gemeinsame Haftung geplant
Foto: © Kai Pfaffenbach / Reuters/ REUTERSUm was geht es bei der europäischen Einlagensicherung?
Durch die europäische Einlagensicherung sollen die Gelder, die Sparer bei Banken angelegt haben, in der gesamten Eurozone auf gleichem Niveau garantiert werden. Dazu sollen die Banken in einen gemeinsamen Notfall-Fonds einzahlen, aus dem die Kunden ausgezahlt werden, wenn eine Bank in Schieflage gerät.
Die gemeinsame Einlagensicherung stellt die dritte Säule der EU-Bankenunion dar, die die Eurostaaten nach der Finanz- und Eurokrise verabredet haben. Die erste Säule ist die gemeinsame Aufsicht der großen Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die zweite Säule der einheitliche Abwicklungsmechanismus für Institute, die in Existenzschwierigkeiten geraten. Die Einlagensicherung sei "das große fehlende Element" der EU-Bankenunion, sagte Finanzkommissar Jonathan Hill bei der Vorstellung der Pläne in Straßburg.
Wie soll die Einlagensicherung geregelt werden?
Ab 2017 soll die einheitliche Absicherung von Bankeinlagen schrittweise eingeführt werden. Am Ende sollen Spareinlagen bis zu 100.000 Euro von allen Eurostaaten gemeinsam geschützt werden. Bisher haften die einzelnen Staaten für diese Summe.
Für die Einführung sind drei Phasen vorgesehen. Von 2017 bis 2020 ist zunächst ein europäisches Rückversicherungssystem geplant. Es greift nur dann, wenn die nationale Einlagensicherung eines Mitgliedstaates bei einer Bankenpleite überfordert ist.
In der zweiten Phase ab 2020 sollen dann nationale und europäische Sicherungssysteme Sparer ab dem ersten Euro gemeinsam entschädigen. Der Anteil aus dem EU-Fonds steigt von Jahr zu Jahr an.
2024 schließlich wäre der EU-Fonds alleine zuständig. Er soll dann rund 43 Milliarden Euro zur Verfügung haben - das entspricht 0,8 Prozent aller Kundengelder in Europa.
Wer will das Gesetz - und warum?
Zu den vehementesten Befürwortern der Einlagensicherung gehören die EU-Kommission und Frankreich. Aber auch die südlichen Eurostaaten stehen mehrheitlich hinter der Idee. Sie argumentieren, dass nationale Absicherungssysteme in einem einheitlichen Währungsraum keinen Sinn ergeben.
Das Projekt soll das Vertrauen der Europäer in das Bankensystem stärken und verhindern, dass besorgte Kunden in Krisenzeiten ihre Konten plündern- wie es etwa im Sommer in Griechenland der Fall war.
Wenn die Gelder bei allen Banken gleich sicher wären, würden auch Institute in Krisenländern weiterhin das Vertrauen der Sparer genießen. Ungleichgewichte zwischen wirtschaftlich starken Ländern und den Schwächeren würden auf diese Weise zumindest teilweise ausgeglichen - und einen Ansturm der Sparer auf einzelne Banken verhindert.
Eine Bankenunion ist allerdings auch eine Transferunion. Denn Länder mit starken Banken haften im Ernstfall für Länder mit schwachen Banken.
Was bedeuten die Pläne für die deutschen Sparer?
Deutsche Sparer könnten ihr Geld sorglos bei anderen Banken in der Eurozone anlegen. Ihr Geld wäre dort genauso sicher wie bei deutschen Instituten.
Wobei es in Deutschland bisher Unterschiede in der Absicherung gibt. Gesetzlich sind hierzulande bei einer Bankenpleite Spareinlagen bis zu 100.000 Euro abgesichert. Hinzu kommen Sicherungssysteme der einzelnen Bankengruppen, also der privaten Banken wie Deutsche Bank, Postbank und Commerzbank, der genossenschaftlichen Banken wie Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen.
Wieso ist Deutschland so strikt dagegen?
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble befürchtet, dass das bislang weitgehend solide arbeitende deutsche Bankensicherungssystem spürbar geschwächt würde. Die Sparer würden dann für die Risiken ausländischer Staaten indirekt bürgen, so das Argument. Denn in vielen Eurostaaten gibt es noch gar keine solchen Sicherungssysteme. Auch aus Österreich kommt Kritik.
Besonders heftig opponiert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) gegen die Pläne. Die Sparkassen und Landesbanken wollen ihr eigenes Sicherungssystem behalten. DSGV-Präsident Georg Fahrenschon sieht einen "Angriff auf den Sparerschutz in Deutschland" und warnt vor einer Transferunion.
EU-Finanzkommissar Hill kommt den Bedenken nur ein bisschen entgegen: Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken dürfen ihre eigenen Systeme laut dem Entwurf fortführen, müssen für das zusätzliche Sicherheitsnetz jedoch ebenfalls Beiträge bezahlen. Zudem sollen die Beiträge, die jedes Institut in den europäischen Fonds einzahlen muss, vom jeweils ermittelten Risikoprofil abhängen. "Sichere Banken zahlen weniger Beiträge, weniger sichere Banken zahlen höhere Beiträge", sagt Hill, und versucht damit, die risikoarmen Sparkassen zu beruhigen.
Nützen dürfte das wenig. Die Bundesregierung ist weiter gegen den Vorschlag der EU-Kommission. Sie könnte im Europäischen Rat zwar theoretisch überstimmt werden. Da auch andere Länder wie Österreich nicht überzeugt sind, gehen Experten aber nicht davon aus, dass das Vorhaben so beschlossen wird.