Letzte Ratssitzung des EZB-Chefs
Nur eine Deutsche bekommt Lob von Draghi
Nach acht Jahren als EZB-Chef tritt Mario Draghi ab. Seine schwierige Beziehung zu Deutschland will er bei seiner letzten regulären Pressekonferenz lieber aussparen. Für eine künftige Notenbankerin findet er aber warme Worte.
Scheidender EZB-Chef Draghi: "Geschenkt ist geschenkt"
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Man kann nur erahnen wie sehr Mario Draghi die Angriffe aus Deutschland in den vergangenen Jahren zugesetzt haben. Jedes persönliche Wort dazu hat sich der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) offenbar selbst verboten. Nur einen kleinen, bitteren Scherz hat er bei der Pressekonferenz nach seiner letzten Ratssitzung an diesem Donnerstag übrig.
"Sie haben ja ganz klar einige Kritiker in Deutschland ", setzt ein Journalist zur Frage an, die Draghi schnell mit einem ironischen "Oh, wirklich?" unterbricht.
Jahrelang hat sich der Italiener in Deutschland anhören müssen, dass er die deutschen Sparer durch seine Niedrigzinspolitik verarmen lasse und ihnen die Konten leersauge wie ein Vampir die Blutbahnen seines Opfers.
Besonders hervorgetan hat sich mit solchen Vergleichen die "Bild"-Zeitung. Schon kurz nach seinem Amtsantritt, im März 2012, hatte das Blatt Draghi eine preußische Pickelhaube überreicht, um ihn an angebliche deutsche Spartugenden zu gemahnen. An diesem Donnerstag forderte die Zeitung nun empört die Rückgabe des Geschenks: "Jetzt reicht's", titelte das Blatt auf Seite zwei. "Wir wollen unsere Pickelhaube zurück, Herr Draghi." Darunter sang man wie gewohnt das Lied vom enteigneten Sparer.
Darauf angesprochen konterte Draghi auf Deutsch: "Geschenkt ist geschenkt", sagte der Italiener. Er plane, die Haube zu behalten. Zu welchen Anlässen er sie künftig tragen will, verriet er aber leider nicht.
"Sie wird es sehr gut machen"
Draghi und Deutschland - das passte nie wirklich gut zusammen. Obwohl sein Dienstsitz als EZB-Chef Frankfurt war, verbrachte der Italiener in den vergangenen Jahren so wenig Zeit wie möglich dort. Und so oft er an diesem Donnerstag auch gebeten wurde, doch mal etwas zu seiner Beziehung zu Deutschland zu sagen: Er schwieg lieber. Auch das ist freilich ein Statement.
Für eine Deutsche hatte Draghi allerdings geradezu überschwängliches Lob übrig: Isabel Schnabel, die Wirtschaftsprofessorin, die nach dem Willen der Bundesregierung als deutsche Vertreterin in das Direktorium der EZB einziehen und dort die gerade im Dissens mit Draghi zurückgetretene Sabine Lautenschläger ersetzen soll.
Deutsche Ökonomin Schnabel: "Wir sollten sie wärmstens begrüßen"
Foto: Tobias Schwarz/ AFP
"Isabel ist eine exzellente Ökonomin. Sie wird es sehr gut machen", sagte Draghi. "Wir sollten ihre Nominierung wärmstens begrüßen."
Die 48-jährige Schnabel soll in das Führungsgremium der Notenbank einziehen - und hat die EZB in der Vergangenheit gegen die heftige Kritik aus Deutschland verteidigt. Dass "Politiker, Journalisten und Banker das Narrativ verstärken, die EZB stehle den deutschen Sparern ihr Geld, das ist gefährlich", sagte sie kürzlich dem "Handelsblatt". (Ein Porträt von Isabel Schnabel lesen Sie hier.)
Schnabel wird bei der EZB eine Chefin bekommen, die den bisherigen Kurs der Notenbank fortsetzen dürfte: Die Französin Christine Lagarde soll zum 1. November Draghis Nachfolge als EZB-Präsidentin übernehmen und hat schon deutlich gemacht, in welche Richtung es dabei gehen soll. Eine große Wahl wird Lagarde ohnehin nicht haben: Die Wirtschaft im Euroraum befindet sich derzeit schwungvoll auf dem Weg nach unten - in einer solchen Lage ist der Spielraum einer Notenbank sehr begrenzt.
Was Draghi selbst vorhat, wenn er in Ruhestand geht, ließ er am Donnerstag offen. Er wisse es noch nicht, sagte der 72-Jährige sichtlich genervt von all den persönlichen Fragen. "Wenn Sie mehr Informationen wollen, fragen Sie meine Frau."