Autogipfel in Berlin Dieselfahrverbote noch nicht vom Tisch

Der Dieselgipfel ist beendet. Doch Umweltministerin Hendricks reichen die Ergebnisse nicht. Kritik kommt auch aus den Ländern und von Ökoverbänden.
Umweltaktivisten beim Dieselgipfel

Umweltaktivisten beim Dieselgipfel

Foto: Steffi Loos/ Getty Images

Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat nach Abschluss des Dieselgipfels weitere Maßnahmen angemahnt. "Natürlich reicht das heute erzielte Ergebnis am Ende noch nicht aus", sagte sie. Die zugesagten Software-Updates seien ein erster, wichtiger Schritt. Um deren Wirksamkeit nachzuweisen, seien künftig aber Messfahrten vor und nach dem Update der Fahrzeuge vorgesehen.

Die Autohersteller hatten zuvor auf dem Dieselgipfel eine umfassende Nachrüstung von über fünf Millionen Diesel-Pkw auf eigene Kosten zugesagt. Darin enthalten sind 2,5 Millionen Fahrzeuge von Volkswagen, für die schon Abgasnachbesserungen angeordnet wurden.

Für eine Verringerung der Stickoxidbelastung sei dies allein nicht ausreichend, betonte Hendricks. Die Regierung werde "alles Mögliche tun, um Fahrverbote zu vermeiden", versicherte Hendricks. Ob das am Ende gelinge, werde auch von der Umsetzung der nun beschlossenen und weitergehenden Maßnahmen abhängen.

Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) kritisierte das Ergebnis deutlich. "Das kann doch wohl nicht alles sein. Ich bin von den Ergebnissen des Dieselgipfels in Berlin enttäuscht und halte diese für völlig unzureichend", sagte er. Ihn ärgere, dass die Automobilindustrie offenbar noch immer nicht verstanden habe, was auf dem Spiel stehe.

"Das wird leider nicht reichen"

Auch für Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)sind die Ergebnisse des Berliner Dieselgipfels nur ein erster Schritt hin zur besseren Luft. "Das wird aber leider nicht reichen, um die Grenzwerte in den belasteten Städten unter die gesetzlichen Vorgaben zu bringen", teilte Kretschmann mit. Weitere Schritte müssten schnell und in einem verbindlichen Zeitrahmen folgen. Ein Baustein könne dabei sein, dass die Hersteller den Verbrauchern eine Prämie anbieten, wenn sie alte Dieselautos durch moderne Fahrzeuge ersetzen. "Hier ist die Automobilindustrie eindeutig in der Bringschuld und nicht der Staat."

Harsche Kritik am Dieselgipfel übte auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) geübt. Bundesregierung und Autobranche hätten das Treffen "vor die Wand gefahren", erklärte Verbandschef Klaus Müller. Verbraucherinteressen seien "einmal mehr ausgebremst" worden.

Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass die Hersteller für die Kosten der Software-Updates bei Dieselautos aufkommen. "Dafür hätte es den Gipfel nicht gebraucht." Zudem sei zweifelhaft, ob die Updates reichen, um vor Fahrverboten zu schützen. Dieselfahrer fragten sich nach wie vor, ob ihnen eine Stilllegung drohe.

Auch Entschädigungen für manipulierte Diesel seien bislang nicht in Aussicht gestellt worden. Das sei aber das große Thema betroffener Verbraucher. "Sie haben nicht nur den Schaden, sondern auch Ärger - darum sollten sich die Autohersteller endlich kümmern", forderte Müller.

ADAC spricht von einem "Einknicken" der Politik vor der Industrie

Auch der ADAC bewertet die Ergebnisse des Dieselgipfels als "ersten Schritt in die richtige Richtung", sieht aber noch erhebliche Lücken. Gut sei die klare Vereinbarung, "dass Verfehlungen der Hersteller nicht auf Kosten von Millionen Dieselbesitzern in Deutschland gehen sollen".

Mit der Beschränkung auf Software-Updates für Dieselautos sei die Politik jedoch vor der Industrie eingeknickt, kritisierte der Autofahrerverein. Mit Hardware-Nachrüstungen ließe sich der Stickoxidausstoß nicht nur um 25 Prozent, sondern um bis zu 90 Prozent senken, hieß es beim ADAC. Solche Umbauten an der Motor- oder Abgasanlage gelten aber als deutlich teurere Maßnahme.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnete die Ergebnisse des Gipfels ebenfalls als unzureichend. "Mit der Entscheidung für reine Software-Updates, die nicht einmal verpflichtend sind, werden Fahrverbote unausweichlich", erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Erneut haben sich die Autohersteller gegen die Interessen von Verbrauchern und Umweltschützern durchgesetzt."

hej/AFP/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren