Kampf um Kernklientel FDP ruft Wirtschaft zu Hilfe

FDP-Chef Christian Lindner im Düsseldorfer Landtag (Archivbild): Ziemlich allein
Foto: DPAHamburg - Die FDP kämpft mit neuen Zugeständnissen um ihre alte Kernklientel. Die Liberalen um Parteichef Christian Lindner wollen nach manager-magazin-Recherchen ein neues parteiinternes Netzwerk schaffen, das vor allem Unternehmer und Spitzenmanager enger an die Partei binden soll. Demnach soll es die FDP mit programmatischen Ideen und bestenfalls auch neuem Führungspersonal sowie Spenden versorgen.
An zwei Terminen, am 15. November und am 2. Dezember, werden die konstituierenden Treffen für das Gremium mit dem Arbeitstitel "Netzwerk Liberale Agenda 2025" stattfinden, zu denen jeweils rund 20 Unternehmer, Manager, Wissenschaftler und auch einige Kreative aus dem gesamten Bundesgebiet geladen wurden.
Marie-Christine Ostermann, FDP-Schatzmeisterin in Nordrhein-Westfalen und im Hauptberuf geschäftsführende Gesellschafterin des Hammer Lebensmittelgroßhändlers Rullko, bestätigte die Pläne. "Das sind alles Menschen, die sich wieder eine starke liberale Partei in Deutschland wünschen", sagte die Politikerin. Namen von Teilnehmern wollte sie vor den Treffen nicht nennen, da einige von ihnen womöglich anonym bleiben wollen. Die Partei, so Ostermann, erhoffe sich von den Externen konstruktive Kritik zum aktuellen Programm und "Ideen und Impulsgebung für neue inhaltliche Konzepte sowie die Außendarstellung der Partei".
Ostermann, seit ihrer Zeit als Vorsitzende des Verbands "Junge Unternehmer" im Mittelstand bestens vernetzt, sprach im Vorfeld gezielt Interessenten an und organisierte die nun anberaumten Treffen in Düsseldorf und Dortmund für Parteichef Christian Lindner. Erst 2013 war sie in die FDP eingetreten und im vergangenen April direkt zur Schatzmeisterin aufgestiegen.
Ihr Vorstoß ist ein Versuch, der liberalen Partei trotz zuletzt desaströser Wahlergebnisse zumindest die Kernklientel und damit die Chance auf ein Überleben zu sichern. Derzeit bemühen sich praktisch alle Parteien um eine größere Nähe zur Wirtschaft, die traditionell eng mit der FDP verknüpft war. Die SPD prüft den Aufbau eines Wirtschaftsrats, die Grünen geben sich in Baden-Württemberg und Hessen besonders wirtschaftsfreundlich, die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) konnte jüngst zwei prominente Mittelständler anwerben.
Kampf um Spenden
Die FDP muss außer um Aufmerksamkeit auch verstärkt um Spenden kämpfen. Der Absturz bei den letzten Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen hat ihre einst üppig fließende staatliche Parteienfinanzierung empfindlich dezimiert - in nur sechs von 16 Länderparlamenten ist die FDP noch vertreten.
Bei den Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft im Februar wird es erneut eng: Die jüngste Umfrage sieht die Partei bei nur zwei Prozent. Allein das schlechte Ergebnis (3,4 Prozent) bei der Europawahl im Mai riss ein nicht einkalkuliertes Loch von rund 300.000 Euro ins Budget, wie Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms auf Anfrage mitteilte. Insgesamt habe die Partei ihre Kosten im Zuge des Absturzes um etwa 40 Prozent senken müssen.
Während Großspenden über 50.000 Euro dieses Jahr bislang ausblieben (2013 hatten etwa der Autokonzern BMW oder der Verband der Chemischen Industrie der FDP noch jeweils rund 70.000 Euro gespendet), konnte die FDP laut Solms jedoch deutlich mehr Einzelspenden "in geringer Höhe" verbuchen. Mehr als eine Million Euro habe er bereits eingenommen. "Ein gutes Ergebnis trotz unserer derzeit geringen Sichtbarkeit", sagte Solms. Die FDP hatte sich demnach gegenüber ihren Gläubigern verpflichtet, in diesem Jahr mindestens eine Million Euro Überschuss zu erzielen.
Für die Finanzierung von aufwendigen Wahlkampagnen braucht die Partei also dringend Geld. Da liegt es nahe, sich wieder stärker der Wirtschaft zuzuwenden. "Bevor wir um neue Spenden bitten, müssen wir erst wieder etwas Überzeugendes zu bieten haben", sagt Marie-Christine Ostermann. Dieses Angebot solle unter anderem im Rahmen des neuen Netzwerks erarbeitet werden.