Geldentwertung US-Notenbankerin nennt Kontrolle der Inflation die »wichtigste Aufgabe«

Die Verbraucherpreise steigen in den USA so stark wie seit 40 Jahren nicht. Der Kampf gegen die Inflation ist nach Ansicht von Fed-Direktorin Brainard die zentrale Aufgabe der US-Notenbank: Die Bevölkerung sei besorgt.
Lael Brainard: Verunsicherung, ob Gehälter noch für Anschaffungen ausreichen

Lael Brainard: Verunsicherung, ob Gehälter noch für Anschaffungen ausreichen

Foto: Susan Walsh / AP

Die Inflationsrate in den USA liegt aktuell bei sieben Prozent. Diese »zu hohe« Rate wieder einzufangen, ist nach Ansicht von Fed-Direktorin Lael Brainard derzeit die »wichtigste Aufgabe« für die US-Notenbank.

Viele Menschen im Land seien wegen der schwindenden Kaufkraft besorgt, ließ Brainard nach der Bekanntgabe der Teuerung der Verbraucherpreise mitteilen. Brainard war im November von US-Präsident Joe Biden für das Amt der Vizechefin der Notenbank Fed nominiert worden. Sie soll den jetzigen Vize Richard Clarida ablösen, der nach einer Affäre um Wertpapiergeschäfte vorzeitig abtritt.

»Unsere Geldpolitik konzentriert sich darauf, die Inflation wieder auf zwei Prozent herunterzubekommen und gleichzeitig einen Aufschwung zu erhalten, von dem alle profitieren«, sagte Brainard dem Redetext zufolge. Sie will ihr Statement an diesem Donnerstag zu Beginn einer Anhörung zu ihrer Nominierung im US-Senat vortragen. Brainard ist bereits seit 2014 Mitglied des bis zu siebenköpfigen Direktoriums der Fed.

Die arbeitende Bevölkerung in den USA sei verunsichert, ob die Gehälter noch für Anschaffungen ausreichten, wurde Brainard zitiert. Die Geldpolitik der Fed sei deshalb darauf fokussiert, die Inflation wieder auf zwei Prozent zu drücken und dabei die wirtschaftliche Erholung zu erhalten, die jeden erreichen müsse. Das sei die wichtigste Aufgabe der Fed.

Gibt es 2022 drei oder gar vier Zinserhöhungen in den USA?

Auch in Deutschland ist die Inflationsrate hoch. Im Dezember stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,3 Prozent – so stark wie zuletzt seit fast 30 Jahren nicht. Im Euroraum kosteten Waren und Dienstleistungen im Dezember durchschnittlich 5,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Statistik 1997. Angesichts dieser sich zuspitzenden Lage erwägt auch die Europäische Zentralbank, die die Teuerung lange als vorübergehendes Phänomen abtat, eine Abkehr von ihrer bisherigen Geldpolitik.

Steigende Energiepreise könnten die EZB zu einem Vorgehen gegen die Inflation zwingen, sagte zuletzt Direktorin Isabel Schnabel. Die Wende zu grünen Energiequellen beinhalte das Risiko einer mittelfristig höheren Teuerung. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat beim Kampf gegen die Inflation dagegen für eine schnelle Abkehr von den fossilen Energien geworben. Der Grünenpolitiker sagte: »Gas, Öl, Kohle – das ist das, was die Preise im Moment treibt.«

Einige Währungshüter in den USA drängen angesichts der Lage in ihrem Land indes bereits auf gleich mehrere Zinserhöhungen. »Ich denke jetzt, dass wir 2022 vielleicht vier Schritte machen sollten«, sagt der Chef des Zentralbankbezirks St. Louis, James Bullard, dem »Wall Street Journal«. Die Prognose der US-Notenbank war zuletzt von bis zu drei Schritten ausgegangen. Bullards Kollege Patrick Harker aus Philadelphia sagte der »Financial Times«, er sei für eine Abfolge von drei Anhebungen, mit der man bereits im März beginnen könne. Derzeit befindet sich der Leitzins noch in der extrem niedrigen Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent.

Zugleich liegt aktuell die Teuerungsrate in den USA so hoch wie seit 1982 nicht mehr. Auch US-Präsident Joe Biden räumte am Mittwoch ein, dass die Preisbeschleunigung immer noch zu hoch sei. Seine Regierung müsse sich noch mehr anstrengen, da die Inflation die Privathaushalte belaste.

Die Fed hatte Konjunktur und Märkte wegen der Coronakrise seit 2020 mit massiven Hilfsprogrammen gestützt. Inzwischen hat die Fed bereits die Kehrtwende in ihrer Geldpolitik eingeleitet – weg von den konjunkturstützenden Maßnahmen der Coronakrise und hin zu einem Abbau der Hilfen. Die milliardenschweren Anleihekäufe der Notenbank etwa, die die Märkte mit zusätzlicher Liquidität versorgen, aber auch beschleunigend auf die Inflation wirken können, werden bis März eingestellt.

Fed-Chef Jerome Powell signalisierte zuletzt vor einem Kongressausschuss, dass die sehr lockere geldpolitische Linie wohl bald ausgedient habe und die Wirtschaft trotz Coronawelle für eine straffere Geldpolitik bereit sei.

apr/dpa/Reuters
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