Fehlendes Personal in Kinderbetreuung Kommunen halten Anspruch auf Ganztag für nicht umsetzbar

Junge im Klassenzimmer: Es fehlt an Betreuern
Foto: Sven Hoppe / DPAEine funktionierende Ganztagsbetreuung gilt als einer der Schlüssel, um den Fachkräftemangel zu lösen. Denn wenn Beruf und Familie leichter zu vereinbaren sind, können mehr Mütter und Väter einen Job annehmen – so die Theorie. In der Praxis sieht es so aus, dass schon die Betreuung von Kindern an fehlendem Personal scheitert, schildern die Kommunen.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht ein massives Personalproblem auf die Kommunen zukommen und erwartet deshalb mittelfristig Leistungskürzungen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg hält insbesondere den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule nicht flächendeckend für umsetzbar.
»In den nächsten zehn Jahren scheiden 573.890 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen aus«, sagte er der »Bild«-Zeitung. »Das entspricht etwa 30 Prozent des Personals.«
Selbst mit Werbungs- und Bonusprogrammen sei diese Lücke nicht zu schließen, »das Problem nicht zu lösen«. Es gebe nicht genügend junge Menschen.
»Wir lösen das Problem nicht im Gerichtssaal«
»Manche Regelungen und Leistungen sowie Rechtsansprüche müssen ausgesetzt oder gegebenenfalls aufgehoben werden«, sagte Landsberg. Tabubrüche seien daher unumgänglich.
»Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule wird flächendeckend nicht umgesetzt werden können. Die mehr als 100.000 erforderlichen Erzieherinnen und Erzieher gibt es nicht, und sie können auch nicht kurzfristig eingestellt werden.« Landsberg sagte, das Ziel sei richtig, die Kommunen würden das weiter vorantreiben, »aber wir lösen das Problem nicht im Gerichtssaal«.
Bund und Länder hatten im vergangenen Jahr einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule beschlossen, der schrittweise eingeführt wird. Ab dem Schuljahr 2026/2027 greift die Regelung bei Kindern der 1. Klasse, ab 2029/2030 bei allen Klassen. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hatte im Sommer ergeben, dass für die Umsetzung bis Ende des Jahrzehnts mehr als 100.000 pädagogische Fachkräfte fehlen könnten.
Wegen des erwarteten Personalmangels in den Kommunen forderte Landsberg, es müsse mehr Standardleistungen statt Einzelfallbetreuung geben. Außerdem müsse das Angebot an digitalen Leistungen in den Behörden steigen.
Die Bundesregierung will die Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland deutlich erleichtern, um gegen den teils sehr tiefgreifenden Fachkräftemangel vorzugehen. Dazu verabschiedet das Kabinett an diesem Mittwoch ein Eckpunktepapier.
Das Thema sorgt allerdings innerhalb der Ampelkoalition für Streit. Am umstrittensten beim Thema Zuwanderung ist die geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts.