Finanzbranche in Europa Acht Banken rasseln durch den Stresstest

Mieses Zeugnis für Europas Banken. Acht Institute sind durch den Stresstest gefallen, weitere 16 haben nur knapp bestanden. In Deutschland haben es alle Institute geschafft. Schon jetzt hat die Prüfung Effekte: Erste Geldhäuser planen, Konzernteile zu verkaufen - andere kritisieren die Probe massiv.
Spanische La-Caixa-Bank: Stunde der Wahrheit für Europas Institute

Spanische La-Caixa-Bank: Stunde der Wahrheit für Europas Institute

Foto: ALBERT GEA/ REUTERS

Hamburg - Den ganzen Tag hat die Finanzbranche gespannt gewartet - jetzt sind die Ergebnisse des zweiten europaweiten Stresstests da: Acht Institute sind nach Angaben der europäischen Bankenaufsicht EBA durchgefallen: fünf aus Spanien, zwei aus Griechenland und eins aus Österreich (siehe Tabelle). Weitere 16 Banken sind nur mit Ach und Krach durch die Prüfung gekommen. In Deutschland haben alle Geldhäuser bestanden .

Insgesamt 90 Banken in 21 Ländern hat die EBA getestet . Grundlage ist ein düsteres Extremszenario: Es umfasst eine Verschärfung der Euro-Krise, eine Rezession in Europa, einen Verfall des Dollar und Abstürze am Aktienmarkt (Details: siehe Infobox).

Das sogenannte harte Kernkapital der Banken darf trotz dieser angenommenen Belastung in den kommenden zwei Jahren nicht zu stark sinken. Es muss mindestens fünf Prozent der sogenannten risikogewichteten Anlagen ausmachen. Hartes Kernkapital ist Geld, das in Krisenzeiten stets verfügbar ist - sofort und bedingungslos. Dazu zählen Aktien und Gewinnrücklagen. Risikogewichtete Anlagen sind all jene, bei denen nicht absolut sicher ist, dass sie zurückgezahlt werden können (alle wichtigen Antworten zum Stresstest finden Sie hier).

Acht Banken haben dem Szenario zufolge keine harte Kernkapitalquote von mindestens fünf Prozent erreicht. Weitere 16 blieben unter sechs Prozent, zusätzliche 18 Geldhäuser unter sieben Prozent. Nur 18 Banken schafften eine harte Kernkapitalquote von mehr als zehn Prozent, darunter zwei deutsche: die Hypo Real Estate Holding und die Landesbank Berlin. Zwei deutsche Landesbanken dagegen bestanden den Test nur knapp: die HSH Nordbank mit 5,5 Prozent und die NordLB mit 5,6 Prozent.

Ergebnis Stresstest 2011: Kernkapitalquoten deutscher Banken in Prozent*

Bank
Basisszenario
Krisenszenario
2010 2011 2012 2011 2012
BayernLB 9,3 9,1 9,0 8,1 7,1
Commerzbank 10,0 8,3 8,9 6,8 6,4
Dekabank 13,0 10,5 12,3 8,6 9,2
Deutsche Bank 8,8 8,0 8,5 6,7 6,5
DZ Bank 8,2 9,4 9,5 7,9 6,9
HSH Nordbank 10,7 10,4 10,5 9,8 5,5
Hypo Real Estate 28,4 17,1 14,8 12,6 10,0
Landesbank Berlin 14,6 13,8 13,9 10,4 10,4
LBBW 8,2 8,3 9,1 7,1 7,1
Nord/LB 4,6 6,9 6,8 6,2 5,6
WestLB 8,7 8,8 8,8 7,3 6,1
WGZ-Bank 10,8 11,7 11,9 9,6 8,7
Helaba** 5,5 8,7 9,0 7,8 6,8
Basisszenario: Wie entwickelt sich das harte Kernkapital, wenn die Wirtschaft in der Euro-Zone 2011 um 1,5 Prozent und 2012 um 1,8 Prozent wächst?
Krisenszenario: Die Wirtschaft in der Euro-Zone schrumpft 2011 um 0,5 Prozent und 2012 um 0,2 Prozent. Die Aktienkurse brechen ein, die Schuldenkrise verschärft sich.
* Hartes Kernkapital ist Geld, das in Krisenzeiten stets verfügbar ist - sofort und bedingungslos. Dazu zählen Aktien und Gewinnrücklagen.
** Nach eigenen Angaben: Die Helaba (Landesbank Hessen-Thüringen) schloss sich am Donnerstag selbst aus dem Test aus, weil die Bankenaufsicht die milliardenschwere stille Einlage des Landes Hessens nicht als Sicherheit anerkennt.

Der Test soll das Vertrauen von Investoren in die Banken wieder herstellen. Die Institute sollen beweisen, dass sie mit künftigen Finanzkrisen gut fertig werden. Banken, die durchfallen, müssen ihre Risikopuffer bis Jahresende vergrößern. Kann sich eine Bank das Kapital nicht aus eigener Kraft beschaffen, muss die für sie zuständige Regierung Geld zuschießen. Institute, die nur knapp bestehen, werden unter strenge Aufsicht gestellt.

In Deutschland nahmen insgesamt 13 Institute am Stresstest teil. Allerdings veröffentlicht die EBA nur zwölf deutsche Ergebnisse. Die Landesbank Hessen-Thüringen hatte sich am Donnerstag geweigert, dass ihre Ergebnisse veröffentlicht werden. Grund ist ein Streit um die Kriterien des Tests. Die EBA hatte eine sogenannte stille Einlage des Landes Hessen nicht als Sicherheit anerkannt.

Bei einer stillen Einlage investiert ein Anleger Geld, hat aber im Gegenzug keine Mitspracherechte und muss als Geldgeber nicht öffentlich gemacht werden. Obwohl stille Einlagen ein komfortabler Risikopuffer sind, werden sie nicht als hartes Kernkapital gewertet. Beim Stresstest wurde eine milliardenschwere stille Einlage bei der Landesbank Hessen-Thüringen nicht berücksichtigt - wodurch das Institut durchgefallen wäre. Das Institut veröffentlicht nun alternativ eine eigene Berechnung , die die Einlage berücksichtigt - und laut der die Landesbank bestanden hat.

Auch andere deutsche Banken kritisieren den Stresstest. Denn insgesamt muss jedes Institut rund 3000 Daten publik machen - von der Laufzeit aller Staatsanleihen, die sie halten, bis zu einer Ergebnisprojektion für dieses und das nächste Jahr. 2010 waren es nur 100 Daten. So viele Angaben zu veröffentlichen sei gefährlich, moniert etwa Michael Kemmer, der Hauptgeschäftsführer des deutschen Bankenverbands. Sie könnten zu Spekulationen gegen manche Geldhäuser missbraucht werden.

Erste Daten, die nun bekannt werden, klingen jedoch eher beruhigend: Demnach werden Staatsanleihen des Euro-Sorgenkinds Griechenland zu 67 Prozent von den sechs heimischen Banken gehalten, die sich dem europaweiten Stresstest unterzogen haben. Nur neun Prozent liegen bei deutschen Instituten.

Erste Banken ziehen Konsequenzen

Massiven Protest gab es auch in Spanien , wo besonders viele Banken durch den Test fielen. Institute und die Madrider Regierung kritisierten unisono die Kriterien. Sie sehen die spanischen Banken und Sparkassen gegenüber denen anderer Länder benachteiligt, weil die europäische Bankenaufsicht EBA bestimmte Rücklagen für Krisenzeiten nicht als hartes Kernkapital wertet.

Die Rücklagen sind eine spanische Besonderheit, ähnlich wie die stillen Einlagen in Deutschland. Vereinfacht gesagt halten spanische Institute Teile ihrer Gewinne zurück, um Kredite bereits bei der Vergabe abzusichern. Nach Angaben der Wirtschaftszeitung "Expansión" werden insgesamt Rücklagen in Höhe von 90,5 Milliarden Euro nicht bei den Tests berücksichtigt.

Andere Banken ziehen dagegen schon Konsequenzen aus dem Stresstest - und versuchen, das Geld für die geforderten Rücklagen einzutreiben. Die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) verkauft ihre Osteuropa-Tochter VBI an die russische Sberbank. Die griechische EFG Eurobank spricht über den Verkauf ihrer türkischen Tochter, und die Piraeus Bank will ihr Geschäft in Ägypten an Standard Chartered veräußern.

Der Verkauf von Unternehmensteilen ist eine Alternative zur Aufnahme frischen Kapitals. Die Banken schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Ihre Risiken in der Bilanz sinken - und damit der Bedarf an Eigenkapital. Zum anderen spült der Verkauf frisches Geld in die Kasse, was die Eigenkapitalquote aufbessert.

ssu/dpa/Reuters
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