Finanzierung der Kommunen Schäuble plant Steuerrevolution

Deutschland, einig Steuerland? Von wegen! Wolfgang Schäuble will den Städten und Gemeinden erlauben, einen Zuschlag auf die Einkommensteuer zu erheben. Setzt sich der Finanzminister durch, könnten sich reiche Kommunen zum Paradies für Besserverdienende entwickeln.
Wolfgang Schäuble: Der Finanzminister will die Steuern nicht senken

Wolfgang Schäuble: Der Finanzminister will die Steuern nicht senken

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Hamburg - Ein hoher Steuersatz in Berlin, ein niedriger in München - nach den Plänen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) könnte das schon bald Realität in Deutschland sein. Das Modell einer kommunalen Einkommensteuer diskutiert Schäuble derzeit mit den Kommunalverbänden. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" ("SZ"). Ziel sei es, die Finanzlage der Städte und Gemeinden zu verbessern. Allerdings gebe es bei den Kommunalverbänden noch Widerstand.

Würde Schäuble sich mit seinem Vorhaben durchsetzen, könnte jede Stadt und jede Gemeinde in Zukunft einen Zuschlag auf die Einkommensteuer erheben. Eine reiche Stadt würden dann aller Voraussicht nach einen deutlich geringeren Aufschlag verlangen als eine arme. Sie wäre damit für Besserverdiener deutlich attraktiver.

Nach "SZ"-Angaben soll der Plan durch eine Zweiteilung der Einkommensteuer umgesetzt werden: Einen Teil sollen Bund und Länder festlegen, den anderen die Kommunen. Dadurch würde zunächst der Steuersatz sinken, den Bund und Länder beanspruchen - etwa der Spitzensteuersatz von derzeit 42 auf knapp 36 Prozent und der Eingangssteuersatz von 14 auf rund zwölf Prozent. Zusätzlich würden dann die Kommunen ihren Anteil festlegen. Rein theoretisch könnte der Spitzensteuersatz dann in einer finanziell solide aufgestellten Stadt bei 37 Prozent liegen, in einer armen Gemeinde jedoch bei 45 Prozent.

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Mit dem Vorschlag einer kommunalen Einkommensteuer will Schäuble Städte und Gemeinden ködern. Regierung und Kommunen suchen seit Monaten nach einem Kompromiss für die geplante Reform der Gemeindefinanzen. Ziel ist es dabei, die Finanzierung der Kommunen auf eine bessere Basis zu stellen. Bislang sind sie stark von der Gewerbesteuer abhängig, die je nach Wirtschaftslage stark schwankt.

Ursprünglich wollten Union und FDP die Gewerbesteuer abschaffen. Diesen Plan lehnen die Kommunen jedoch ab. Nach "SZ"-Informationen will Schäuble das schwarz-gelbe Vorhaben nun aufgeben, wenn die Kommunen im Gegenzug sein Modell einer kommunalen Einkommensteuer billigen.

Schäuble lehnt Steuererhöhungen ab

Allerdings lehnt der Deutsche Städtetag Schäubles Vorhaben noch immer ab. Der Münchner Oberbürgermeister und Vizepräsident des Städtetages, Christian Ude, sagte der "SZ", der Vorschlag sei fatal, weil er Städte in Finanznot zu Steuererhöhungen zwingen würde. Damit aber würden sie für Besserverdienende noch unattraktiver. Städtetag und Gemeindetag würden alle Register ziehen, um das Vorhaben des Finanzministers zu verhindern.

Fraglich ist allerdings, ob - und wenn ja, wie lange - die Städte ihren Widerstand aufrechterhalten. Denn Schäuble will den Kommunen auch bei der Finanzierung der Sozialausgaben entgegenkommen. So hat er angeboten, der Bund könne die Grundsicherung im Alter künftig vollständig finanzieren. Diese Leistungen erhalten über 65-Jährige, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Sie kosteten den Staat im vergangenen Jahr fast vier Milliarden Euro.

Auch bei anderen Sozialausgaben will Schäuble die Finanzierung übernehmen. Im Gegenzug verlangt er einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer. Der Finanzminister sagte, dass die Kommunen "sowohl bei den Ausgaben als auch bei den Einnahmen" mehr Eigenständigkeit erhalten sollen.

Schäuble bekräftigte auch, dass er für Steuersenkungen derzeit keinen Spielraum sehe. Am Dienstag war bekannt geworden, dass der Staat bis Ende 2012 mit 61 Milliarden Euro mehr Einnahmen rechnen kann als bislang prognostiziert.

böl
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