Finanzkrise Islands Präsident blockiert Milliardenzahlung
Island hat die Finanzkrise schwer erschüttert. Nun machte das Parlament mit einem knappen Votum den Weg frei, um Rückzahlungen ausländischer Spareinlagen an Großbritannien und die Niederlande zu garantieren. Doch der Präsident stellt sich quer - und blockiert das Gesetz.
Reykjavík - Es war ein knappes Votum: Das isländische Parlament hatte am Donnerstag der Rückzahlung von 3,8 Milliarden Euro an Großbritannien und die Niederlande zugestimmt. Die Regierung schien eine wichtige Hürde genommen zu haben. Schließlich gibt es auf der Insel Widerstand gegen das Vorhaben, aufgebrachte Bürger demonstrieren gegen das Gesetz, der Präsident empfing eine Delegation der Demonstranten - und reagierte prompt.
Ólafur Ragnar Grímsson verschob seine Entscheidung über die Ratifizierung des Gesetzes. Überraschend kündigte er an, die Entscheidung zu vertagen. Zuvor hatte er eine Abordnung von Gegnern der Rückzahlungen empfangen, die nach eigenen Angaben bereits 40.000 Unterschriften gesammelt haben. Das sind mehr als zehn Prozent der 320.000 Einwohner des Landes. Das Gesetz ist heftig umstritten, weil die zu erstattende Summe fast 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Inselstaates ausmacht. Verweigert Grímsson seine Unterschrift, muss es laut der isländischen Verfassung ein Referendum geben.
Die ungelöste Schadensersatzfrage behindert allerdings auch die isländischen Beitrittsbemühungen zur Europäischen Union und die Auszahlung von Hilfen des Internationalen Währungsfonds. Über die Modalitäten der Rückzahlung verhandelten die drei beteiligten Länder monatelang, im Oktober erfolgte schließlich die Einigung.
Absturz des Bankenstandorts
Der Hintergrund für die jetzt entstandene Lage war Islands Attraktivität vor der Finanzkrise: Mehr als 320.000 Kunden aus Großbritannien und den Niederlanden hatten sich von den hohen Zinsen der Internetbank Icesave anlocken lassen. Als das Mutterunternehmen der Bank, die Landsbanki, im Zuge der Finanzkrise verstaatlicht wurde, verloren die Sparer ihre Einlagen. Großbritannien und die Niederlande streckten daraufhin Entschädigungszahlungen an Icesave-Sparer vor - und forderten anschließend das Geld von Island zurück.
Das Parlament in Reykjavík billigte am Mittwochabend mit knapper Mehrheit einen Kompromiss, mit dem sich Island zur schrittweisen Erstattung von 3,8 Milliarden Euro bis 2024 an die britische und niederländische Regierung verpflichtet. Regierungschefin Johanna Sigurdardottir hatte vor der Abstimmung für den Fall einer Niederlage mit dem Ende ihrer Linkskoalition gedroht. Schließlich stimmten 33 Abgeordnete für das Gesetz, 30 dagegen.
sev/mik/dpa/AFP