Förderboom Grünen-Politiker fordert Zwangspause für riskante Gasförderung

US-Protest gegen Fracking: Die neue Gasfördertechnik hat weltweit viele Feinde
Foto: Mike Groll/ APHamburg - Energiekonzerne prüfen derzeit gewaltige neue Gasförderprojekte in Deutschland - mit einer neuen Methode namens "Fracking", die große Umweltrisiken birgt. Der Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer will die Fördertechnik nun vorerst verbieten lassen.
"Die deutsche Bundesregierung täte gut daran, für Deutschland ein zweijähriges Moratorium zu verhängen", sagt der Grünen-Parlamentarier SPIEGEL ONLINE. "Nur dann gibt es Zeit für unabhängige, wissenschaftlich fundierte Analysen. Nur so lassen sich verheerende Umweltzerstörungen vermeiden, wie sie in den USA durch massenhaftes Fracking entstanden sind."
Mit Fracking erschließen sich Konzerne Gasquellen in bislang schwer zugänglichem Gestein. Sie pressen Millionen Liter Wasser und Tausende Liter teils giftiger Chemikalien unter hohem Druck in Bohrlöcher. Dadurch bilden sich im umliegenden Gestein feine Risse - aus denen Erdgas entweicht. Dieses wird dann abgesaugt. Das Verfahren wird bei regulären Bohrungen selten eingesetzt, bei der Erschließung schwer zugänglicher Gasquellen ist es Standard.
In Amerika wird das Verfahren schon jetzt im großen Stil eingesetzt. Es wurde Hunderttausende Male gefrackt. Mit gewaltigen Effekten: Die heimische Gasproduktion stieg so stark, dass die USA Russland als weltgrößten Gasproduzenten ablösten.
Schützenhilfe von Exxon
Was ein Milliardengeschäft für die Energiewirtschaft ist, könnte für die Umwelt verheerende Folgen haben. In den USA mehren sich Berichte über bedenkliche Luft- und Wasserverschmutzung sowie Gasrückstände im Grundwasser. Bis heute fehlen Untersuchungen, inwieweit die aufgetretenen Umweltschäden Einzelfälle sind oder ein flächendeckendes Problem. Eine entsprechende Studie der amerikanischen Umweltbehörde EPA soll erst 2012 veröffentlicht werden.
Auch in Deutschland haben Energiekonzerne bereits in mehreren Bundesländern Lizenzen erhalten, um das Potential von Fracking zu erforschen. Der US-Konzern Exxon hat in Niedersachsen sogar schon Probebohrungen durchgeführt, inklusive Fracking und unter Einsatz giftiger Chemikalien. Die Erforschung der Risiken hinkt hinterher: Ähnlich wie die EPA lässt auch die Bundesregierung die Umweltrisiken gerade erst erforschen.
Krischer will dieser Forschung nun mehr Zeit geben - und bekommt mit seiner Forderung nach einer zweijährigen Zwangspause unverhofft Argumentationshilfe. Am Dienstag verkündete Exxon Fortschritte bei der Fracking-Technologie. In zwei Jahren werde man ohne Einsatz von Giftstoffen fracken können, sagte Europachef Gernot Kalkoffen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für Krischer ein "zusätzlicher Anreiz, die Bohrungen für diesen Zeitraum auszusetzen".
Der Grünen-Politiker hat vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags bereits ein Rechtsgutachten anfertigen lassen. Fragestellung: Ist ein Verbotsgesetz für Fracking in Deutschland verfassungsrechtlich zulässig? Ergebnis: Der Schutz von Mensch und Umwelt ist eine ausreichende Begründung, um Fracking vorerst zu verbieten.