Minus 13,8, minus 18,5, minus 12,4 Prozent Drastischer Konjunktureinbruch in Frankreich, Spanien und Italien

Die Wirtschaft in Frankreich, Spanien und Italien ist wegen der Corona-Pandemie im zweiten Quartal historisch eingebrochen. In zwei der drei Länder steigt auch die Inflation deutlich stärker als erwartet.
Air-France-Maschine am Pariser Flughafen Charles de Gaulle: Ebenfalls vom Lockdown betroffen

Air-France-Maschine am Pariser Flughafen Charles de Gaulle: Ebenfalls vom Lockdown betroffen

Foto: Christophe Ena/ DPA

Die Wirtschaftsleistung in der Eurozone ist im zweiten Quartal so stark zurückgegangen, wie seit Beginn der Erhebung 1995 nicht. In den Monaten April bis Juni sei das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im gemeinsamen Währungsraum im Quartalsvergleich um 12,1 Prozent geschrumpft, teilte die Statistikbehörde Eurostat mit. Starke Rückgänge gab es unter anderem in Spanien, Italien und Frankreich.

Die Wirtschaft in Frankreich ist im zweiten Quartal 2020 noch stärker eingebrochen als die deutsche. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank wegen der Corona-Schließungen von April bis Juni um 13,8 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistikamt Insee mitteilte. Konsum, Außenhandel und Investitionen gingen erheblich zurück.

Diese Woche war bekannt geworden, dass die deutsche Wirtschaft im Frühjahr um 10,1 Prozent geschrumpft ist. In der größten Volkswirtschaft der Welt, den USA, ging das BIP nach Angaben der Statistikbehörde Insee von April bis Juni um 9,5 Prozent zum Vorjahresquartal zurück, aufs Jahr hochgerechnet - das ist die in den USA übliche Berechnungsweise - betrug der Rückgang knapp 33 Prozent.

In Frankreich hatte der landesweite Lockdown zur Eindämmung der Pandemie weite Teile der Wirtschaft lahmgelegt. Geschäfte und Hotels mussten bis zum 11. Mai schließen. Cafés und Restaurants durften erst ab dem 2. Juni wieder aufmachen. Für das Gesamtjahr rechnet die französische Notenbank mit einem Minus von zehn Prozent. "Hoffentlich erreichen wir Anfang 2022 wieder ein Niveau, das wir vor Covid hatten", sagte Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau.

Bereits im ersten Quartal war das französische BIP um 5,9 Prozent zurückgegangen. Dabei handelt es sich um die von Insee nach unten korrigierte Angabe, zunächst hatten die Statistiker für die Monate Januar bis März "nur" mit einem Rückgang von 5,3 Prozent gerechnet.

Tourismus in Spanien hart getroffen

Spanien wiederum ist in die tiefste Rezession seiner Geschichte gerutscht. Das BIP fiel im Frühjahr um 18,5 Prozent zum Vorquartal, wie das Nationale Statistikamt mitteilte. Das Minus ist damit sogar noch größer als die Expertenerwartung von 16,6 Prozent, nachdem die Wirtschaft zwischen Barcelona und Sevilla im ersten Quartal um 5,2 Prozent geschrumpft war. Insbesondere der sehr wichtige Tourismussektor des Landes leidet unter den Folgen der Pandemie.

Im Zuge der Viruskrise ist auch die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit in Spanien massiv gestiegen. Zwischen April und Juni gingen eine Million Jobs verloren - so viele wie nie zuvor in einem Quartal. Die Quote erhöhte sich auf 15,33 nach 14,41 Prozent zu Beginn des Jahres. Die EU-Kommission sagt dem südeuropäischen Land für dieses Jahr einen BIP-Einbruch um 10,9 Prozent voraus.

In Italien ist die Wirtschaft so stark eingebrochen wie seit 25 Jahren nicht mehr. Der konjunkturelle Rückschlag fiel aber etwas schwächer aus als befürchtet. Im zweiten Quartal schrumpfte die Wirtschaftsleistung im Quartalsvergleich um 12,4 Prozent, wie das nationale Statistikinstitut Istat nach einer ersten Schätzung mitteilte. Es ist der stärkste konjunkturelle Einbruch seit Beginn dieser Erhebung 1995.

Bereits im ersten Quartal war die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone von der Corona-Krise getroffen worden. In den Monaten Januar bis März war die italienische Wirtschaftsleistung im Quartalsvergleich um revidiert 5,4 Prozent (zuvor 5,3 Prozent) gesunken.

Lebensmittel und Tabak in Frankreich teurer

Während die Wirtschaft schrumpft, sind die Verbraucherpreise in Frankreich und Italien stark gestiegen. In Frankreich zog die Inflation im Juli ausgehend von einem niedrigen Niveau stark an - und fiel deutlich stärker aus als erwartet. Im Jahresvergleich seien die nach europäischer Methode ermittelten Verbraucherpreise (HVPI) um 0,9 Prozent gestiegen, teilte das Statistikamt nach einer ersten Schätzung mit. Im Juni waren die französischen Verbraucherpreise deutlich schwächer um 0,2 Prozent im Jahresvergleich gestiegen. Besonders teuer wurden den Statistikern zufolge frische Lebensmittel. Für sie mussten Verbraucher im Jahresvergleich 2,2 Prozent mehr ausgeben. Tabakwaren verteuerten sich um 13,8 Prozent.

In Italien stiegen die Verbraucherpreise ebenfalls überraschend. Der Verbraucherpreisindex HVPI legte hier um 0,9 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat zu, teilte das Statistikamt Istat mit. Im Juni waren sie noch um 0,4 Prozent gefallen. Der Anstieg ist laut Istat auf Sonderfaktoren zurückzuführen: Der Sommerschlussverkauf beginne dieses Jahr erst Anfang August, im vergangenen Jahr habe er schon Anfang Juli begonnen.

apr/Reuters/AFP/dpa
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