Verhandlungen EU-USA Bundesrat muss Freihandelsabkommen zustimmen

Politiker Obama, Van Rompuy, Barroso: Streit um Handelsabkommen
Foto: YVES HERMAN/ REUTERSHamburg - Das Freihandelsabkommen TTIP, das die USA und die EU bis 2015 abschließen wollen, gilt ohnehin schon als das größte transatlantische Verhandlungsprojekt seit Gründung der Nato. Doch tatsächlich sind die Hürden noch viel höher als angenommen. Denn neben dem Bundestag soll auch der Bundesrat dem TTIP zustimmen müssen. Davon geht man nach Informationen von SPIEGEL ONLINE im Bundeswirtschaftsministerium aus.
Die Einschätzung der Bundesregierung widerspricht den Absichten der Europäischen Kommission. Diese hat bisher nicht vor, alle EU-Staaten nach Abschluss der Verhandlungen im Jahre 2015 darüber abstimmen zu lassen, das von Verbraucherschützern, Ökologen und Globalisierungsgegnern heftig angefeindete Abkommen anzunehmen.
Das Bundeswirtschaftsministerium begründet seine Einschätzung damit, dass "auch Verfahrensregelungen zu Länderzuständigkeiten vor allem im Bereich des Berufsrechts" in dem Freihandelsabkommen berührt sind. So schreibt es das Ministerium in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion.
In dem Schreiben zeichnet sich zudem ein weiterer Dissens des Ministeriums von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der EU-Kommission ab. So kritisiert das Ministerium die Kommission dafür, dass den Beamten bisher kein "Zugang zu Verhandlungsdokumenten der USA" gewährt wird. Dies sei "für eine verantwortungsvolle Begleitung des Verhandlungsprozesses unzureichend".
Die Bundesregierung will den Konflikt jedoch nicht klären, bevor die Verhandlungen in den nächsten Monaten in ihre entscheidende Phase gehen. Das geht aus dem Antwortschreiben an die Grünen so hervor - sehr zu deren Leidwesen. "Angesichts der möglichen Tragweite von TTIP sollten diese grundsätzlichen Uneinigkeiten erst einmal geklärt werden, bevor man einfach weiterverhandelt", fordert die Grünen-Abgeordnete Katharina Dröge.
Sorgen über wachsenden Einfluss von Schiedsgerichten
Ihre Partei kämpft schon seit Beginn der Verhandlungen gegen das Freihandelsabkommen. Neben dem Wegfall von Handelsbarrieren und Zöllen befürchten die Grünen, dass Verbraucher- und Umweltschutzstandards zwischen den USA und Europa harmonisiert werden. Sie unterstellen, dass dies eine Verschlechterung für Deutschland bedeute. Besonders kritisiert die Oppositionspartei, dass künftig womöglich auch internationale Schiedsgerichte über Investitionsstreitigkeiten urteilen könnten - unabhängig von den nationalen Gerichten.
In ihrem Antwortschreiben geht das Bundeswirtschaftsministerium auch auf diesen Teil des geplanten Freihandelsabkommens ein. Das Ministerium bekräftigt zwar, solche Schiedsgerichte seien eigentlich nicht notwendig, weil sich die Rechtsprechung beider Länder auf vergleichbar hohem Niveau befindet und ausreichend Schutz für Investoren bietet. Gleichzeitig hält es die Regierung aber für ausreichend, diesen strittigen Punkt nicht gleich zu Beginn der TTIP-Verhandlungen zu klären.
Grünen-Abgeordnete Dröge vermutet dahinter eine Verzögerungstaktik der Regierung. "Die Regierung versucht mit aller Kraft, ein unliebsames Thema bis nach der Europawahl unter Verschluss zu halten. Öffentlich lehnt sie Investitionsschutz ab, aber tatsächlich hält sie sich ihre Entscheidung völlig offen", sagt die Grünen-Frau.
Ihre Partei setzt sich daher dafür ein, in das Freihandelsabkommen auch Klauseln hineinzuverhandeln, die den Mitgliedstaaten erlauben würden, auch nach Inkrafttreten des Vertrags daraus aussteigen zu können. Diesem Ansinnen erteilt das Ministerium in ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage eine klare Absage: "Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, dass internationale Abkommen mit Ausstiegsklauseln abgeschlossen werden sollten."