Fünf-Stufen-Modell Wer von den Steuerplänen der FDP profitiert

Die FDP hat die Pläne zur großen Steuerreform aufgegeben. Ab 2012 soll nun die Mini-Variante kommen. Wie hoch sind die Entlastungen in der neuen Version? Und ist das Modell wirklich einfacher? SPIEGEL ONLINE beantwortet die wichtigsten Fragen zum Fünf-Stufen-Modell der Liberalen.
FDP-Chef Guido Westerwelle: Niedriger, einfacher, gerechter?

FDP-Chef Guido Westerwelle: Niedriger, einfacher, gerechter?

Foto: Arno Burgi/ dpa

Berlin - Im Wahlkampf klang das Versprechen von Guido Westerwelle noch ziemlich vollmundig: Er werde einen Koalitionsvertrag nur unterschreiben, wenn er ein "niedrigeres, einfaches und gerechtes" Steuersystem enthalte, sagte der FDP-Chef bei jeder Gelegenheit. Schon bei den Koalitionsverhandlungen mussten die Liberalen jedoch erkennen: Das von ihm favorisierte Drei-Stufen-Steuermodell stieß bei der Union auf Widerstand.

Jetzt hat die FDP ihre Pläne geändert: Das abgespeckte Steuermodell sieht statt drei nun fünf Stufen vor. Nach dem Willen der FDP soll der Grundfreibetrag von 8004 Euro und der Eingangsteuersatz von 14 Prozent bis 12.500 Euro unverändert bleiben. Bis 35.000 Euro Jahreseinkommen soll der Steuersatz bei 25 Prozent liegen, zwischen 35.000 und 53.000 Euro bei 35 Prozent, bis 250.730 Euro bei 42 Prozent und darüber hinaus bei 45 Prozent. Damit bleibt auch der Spitzensteuersatz konstant. Mit der Forderung einer Umsetzung der Steuerreform spätestens 2012 solle erreicht werden, dass die Entlastung für die Bürger spätestens 2013, also noch in dieser Legislaturperiode, "kassenwirksam" werde, sagte Parteivize Andreas Pinkwart.

Ob die FDP-Ideen überhaupt Realität werden, bleibt abzuwarten. Neben einigen lobenden Stimmen aus der Union kamen am Dienstag auch warnende Worte vom Koalitionspartner: Höhe und Zeitplan der Steuerreform seien noch zu verhandeln. Die Finanzpolitiker der Unionsfraktionen in den Ländern warnten gar vor Steuersenkungen auf Pump. Auf dem Konsolidierungskurs seien Entlastungen, die durch Kredite finanziert werden, der falsche Weg, sagen sie.

Aber wie viel mehr Netto vom Brutto bliebe dem Bürger überhaupt noch nach dem neuen FDP-Modell? Und ist der Fünf-Stufen-Tarif wirklich einfacher und gerechter? SPIEGEL ONLINE beantwortet die wichtigsten Fragen zum Abgabeplan der FDP.

Wie hoch ist die Entlastung in dem neuen Modell?

Das Portal Steuerberaten.de  hat die mögliche Ersparnis von Drei- und Fünf-Stufen-Modell verglichen. Das Ergebnis: Die Entlastungen nach dem neuen Konzept fallen deutlich geringer aus.

Ein Single mit 30.000 Euro Bruttoeinkommen zum Beispiel würde bei dem alten FDP-Modell noch rund 2000 Euro im Jahr sparen. Nach dem nun geplanten wären es nur noch rund 600 Euro jährlich.

Noch ein Beispiel: Ein Ehepaar mit 60.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen hätte beim Drei-Stufen-Modell noch knapp 4000 Euro gespart. In der neuen Version käme das Paar nur noch auf rund 1200 Euro Ersparnis.

Eine Übersicht, wie viel Sie beim neuen FDP-Modell sparen würden, finden Sie in der linken Spalte.

Wie soll die Entlastung bezahlt werden?

16 Milliarden Euro kostet die Reform den Staat, sagt die FDP. Ob es dabei bleibt, ist aber selbst beim Koalitionspartner umstritten. "Das würde ich nicht unterschreiben", erklärt der Vize-Fraktionschef der Unionsfraktion, Michael Meister, dem "Handelsblatt". "Das Konzept bedeutet eine beträchtliche Entlastung, führt aber auch zu gravierenden Mindereinnahmen des Staates", sagt Stefan Bach, Steuerexperte vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Zur Finanzierung ihres Vorschlags gehen die Liberalen davon aus, dass sich die Reform durch ihre wachstumssteigernde Wirkung zur Hälfte selbst finanzieren würde. Darüber hinaus soll unter anderem die Eindämmung der Schwarzarbeit und die Streichung von Subventionen Geld in die öffentlichen Kassen spülen.

"Die entscheidende Frage ist, ob die 16 Milliarden Euro sinnvoll angelegt sind", sagt Clemens Fuest, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium. Die Hoffnung der FDP, dass sich die Steuersenkungen zum größten Teil selbst finanzieren, weil sie zu einem größeren Plus beim Bruttoinlandsprodukt führen, teilt Fuest nicht. "Das Wachstum wird dadurch nicht sonderlich angetrieben."

Für sinnvoller hält er Reformen bei der Unternehmensteuer. Hilfen für innovative Firmen sowie Forschungsförderung könnten den Standort Deutschland attraktiver machen, Steuersenkungen für Privathaushalte dagegen kaum, sagt Fuest.

Wird das Steuerrecht wirklich einfacher?

Ein einfaches Steuersystem würde bedeuten, dass sich die individuelle Belastung leicht ausrechnen lässt - so wie es der ehemalige CDU-Finanzexperte Friedrich Merz einst mit seiner "Bierdeckel-Reform" propagierte. In einem radikal vereinfachten Steuerrecht würde es keine Ausnahmen mehr geben, und der Tarifverlauf wäre möglichst transparent.

Das würde im Optimalfall bedeuten: Es gäbe einen Stufentarif, und die Pendlerpauschale würde genauso abgeschafft wie die Absetzbarkeit von doppelter Haushaltsführung und die Steuerbefreiung von Sonn- und Feiertagszuschlägen.

Ob die FDP tatsächlich die Subventionen im Steuerrecht abschaffen will, bleibt beim neuen Konzept unklar. Die Äußerungen der Partei waren eher vage. Clemens Fuest sagt, das größte Problem beim aktuellen Steuersystem sei es, die Höhe des zu versteuernden Einkommens zu ermitteln. "Und an diesem Problem ändert das neue FDP-Stufenmodell erst mal gar nichts."

Klar ist immerhin, dass die Partei einen Stufentarif einführen möchte. Allerdings spottet Karl Heinz Däke vom Bund der Steuerzahler: "Ein Fünf-Stufen-Modell ist ja schon fast wieder linear-progressiv." Dem Verbandspräsidenten geht die Reform insgesamt nicht weit genug. "Die 16 Milliarden Euro Entlastung sind weniger als die Hälfte der Summe, mit der die FDP Wahlkampf gemacht hat." Auch der Zeitplan sei "enttäuschend". Die Liberalen wollen die Steuerreform möglichst zum Jahresbeginn 2012 umsetzen. Im Wahlkampf war auch von früheren Terminen die Rede.

Wird die liberale Steuerzukunft gerechter?

Diese Frage schätzen die Experten ganz unterschiedlich ein. Steuerzahler-Präsident Däke lobt, dass vor allem die mittleren Einkommen entlastet würden. DIW-Ökonom Bach kritisiert dagegen, dass "für das untere Drittel nur moderate Steuersenkungen vorgesehen sind", und es "vor allem die beiden oberen Einkommensdrittel sind", die profitierten.

Auch Fuest meint, es könnte sinnvoll sein, die unteren Einkommen noch stärker zu entlasten, um den Anreiz für Arbeitslose zu erhöhen, sich einen Job zu suchen. Im ursprünglichen Drei-Stufen-Konzept der FDP sollte für Einkommen bis 20.000 Euro nur ein Steuersatz von zehn Prozent gelten.

Mit Material von apn, AFP und dpa
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