G-20-Gipfel in Mexiko Schäuble lehnt höhere Brandmauern ab
Bundesfinanzminister Schäuble hat sich beim Treffen der führenden Industrie- und Schwellenländer gegen unbegrenzte Finanzhilfen ausgesprochen, um die Schuldenkrise einzudämmen. Eine Aufstockung der Gelder sei ökonomisch nicht sinnvoll - und würde den kriselnden Staaten langfristig nicht helfen.
Mexiko-Stadt - Natürlich steht die Finanzkrise im Mittelpunkt des G-20-Gipfels in Mexiko. Nachdem die Euro-Staaten am vergangenen Dienstag mit dem Beschluss eines zweiten Rettungspakets eine Staatspleite Griechenlands bis auf weiteres abgewendet haben, wollen sich die G-20-Vertreter nun auf langfristige Maßnahmen zur Lösung der Krise konzentrieren. Es wird vor allem um steuerliche und strukturelle Reformen gehen sowie um eine Kapitalerhöhung für den Internationalen Währungsfonds (IWF).
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will dabei dem Druck der G-20-Partner nach einer Ausweitung der Sicherungssysteme gegen die Euro-Schuldenkrise nicht nachgeben. Kurz vor einem Treffen mit den anderen Finanzministern sowie den Zentralbankchefs der führenden Industriestaaten und aufstrebenden Schwellenländern hat er sich gegen unbegrenzte Finanzhilfen ausgesprochen. Dies wäre ökonomisch nicht sinnvoll, sagte der CDU-Politiker am Samstag. Außerdem würde es den kriselnden Staaten langfristig nicht helfen.
Die Mitglieder der Euro-Zone hätten ihre "Hausaufgaben" gemacht, sagte Schäuble in der mexikanischen Hauptstadt. Er wandte sich damit gegen Forderungen unter anderem aus den USA, dass die Europäer ihre Schutzmechanismen gegen ein Übergreifen der Krise auf weitere Länder verstärken und noch mehr Hilfsgelder zur Verfügung stellen sollten.
US-Finanzminister Timothy Geithner hatte die Europäer, und damit vor allem die Deutschen, erneut aufgefordert, ihre Einzahlungen in den IWF aufzustocken. Zwar hätten die Europäer einiges getan, um die Welt davon zu überzeugen, dass sie nicht zulassen würden, die Euro-Schuldenkrise zu einer finanziellen Katastrophe werden zu lassen. "Aber sie haben noch viel zu tun", sagte Geithner bei einer Veranstaltung des Internationalen Bankenverbands (IIF). Er sprach sich dabei abermals für "stärkere und überzeugendere Brandmauern" aus.
Schäuble dagegen unterstrich die Priorität von Haushaltsdisziplin, sowie Struktur- und Arbeitsmarktreformen. "Sollen wir die Brandmauern noch höher machen?" fragte er in seiner Rede vor mexikanischen Unternehmern. "Die Antwort ist ein ausdrückliches Nein." Ein solcher Kurs würde am Ende nur schaden.
"Allein mehr Geld ist nicht die Lösung"
Dem widersprach der Leiter der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria. Ein angemessener finanzieller Stabilisierungsfonds müsse so an die 1,5 Billionen Dollar (1,1 Billionen Euro) schwer sein, dreimal mehr, als von EU und IWF bisher zugesagt. "Wir müssen immer noch die Mutter aller Brandmauern bauen", sagte er in Mexiko-Stadt. "Je dicker sie ist, desto weniger wahrscheinlich werden wir sie benutzen müssen."
Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte vor dem Treffen der G-20-Vertreter, allein mehr Geld sei nicht die Lösung. Mehr Geld könne Zeit kaufen, aber diese müsse genutzt werden, um die Krise an der Wurzel zu packen. Griechenland könne nicht gezwungen werden, seine Reformzusagen im Rahmen des von der Troika auferlegten Sparprogramms einzuhalten. Wenn die Regierung in Athen ihren Teil der Vereinbarung nicht erfülle, werde auch kein weiteres Geld fließen, sagte er.
Für den mexikanischen Finanzminister José Antonio Meade stellt sich die Frage über die etwaige Höhe einer Kapitalaufstockung für den IWF derzeit nicht. Es sei zu früh, über das Wie und Wie viel zu diskutieren. Der mexikanische Zentralbankchef Augustín Carstens sagte am Freitag, dass eine Erhöhung der Kreditkapazität des Fonds sicherlich Thema bei dem Treffen sein werde. Ein kanadischer Vertreter erklärte indes, er glaube nicht, dass die Entscheidungsträger derzeit konsensfähig seien.
Noch bis zum Sonntag werden die G-20-Finanzminister und Notenbankchefs in Mexiko nach Auswegen aus der Schuldenkrise suchen.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat derweil einen ganz anderen Vorschlag zur Krisenbewältigung geäußert. Als erstes Regierungsmitglied plädierte er für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. "Außerhalb der Währungsunion sind die Chancen Griechenlands, sich zu regenerieren und wettbewerbsfähig zu werden, mit Sicherheit größer, als wenn es im Euro-Raum verbleibt", sagte der CSU-Politiker dem SPIEGEL.
aar/dpa/AFP/Reuters/dapd