Handelskrieg Der Klügere ist China

Chinas Präsident Xi Jinping (l.), US-Präsident Donald Trump (2.v.r.)
Foto: Pablo Martinez Monsivais/ dpaIst der Handelskrieger müde? Kommentarlos hat sich der sonst so wortgewaltige US-Präsident Donald Trump nach seinem Treffen mit dem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping gen Heimat verabschiedet, obwohl es doch eine Art Durchbruch zu feiern gab. Denn die beiden wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt haben eine Eskalation ihres zerstörerischen Handelsstreits vorerst abgewendet.
Die USA verzichten erst einmal darauf, die Zölle auf Importe aus China im Umfang von 200 Milliarden Dollar Anfang nächsten Jahres von zehn auf 25 Prozent zu erhöhen, und zwar für die Dauer von 90 Tagen. Und auch die Chinesen haben eine ganze Reihe von Zugeständnissen gemacht.
Peking sagte zu, eine "substanzielle" Menge von US-Produkten zu kaufen, um den eigenen Handelsüberschuss zu verringern. Sie sind bereit, der bislang blockierten Übernahme des Halbleiterherstellers NXP durch den US-Konkurrenten Qualcomm eine neue Chance zu geben, falls die Unternehmen daran noch Interesse haben. Und China wird nach Angaben der US-Regierung das Schmerzmittel Fentanyl, dessen Missbrauch zur Drogenkrise in den USA geführt hat und das meist aus China kommt, als illegale Substanz einstufen.
All das klingt wie ein klassischer politischer Kompromiss, in dem China als der Klügere nachgegeben hat - allerdings ohne sich dabei allzu konkret festzulegen. Vielleicht hatte Trump, der sich doch so gerne als Sieger feiert, deshalb keine Lust auf eine Kommentierung.
Erst Steak, dann Waffenstillstand
Schon vor dem Treffen hatte Trump ungewohnt unsicher geklungen: Eine Einigung sei greifbar, "aber ich weiß nicht, ob ich das tun will", sagte er vor dem Dinner mit Xi nach dem offiziellen Teil des G-20-Gipfels in Buenos Aires. Dann aber scheint sich der US-Präsident dem Rat der Gemäßigten in seinem Kabinett - Finanzminister Steven Mnuchin und Wirtschaftsberater Larry Kudlow - gebeugt zu haben, die für einen Kompromiss plädierten. Zweieinhalb Stunden berieten die US- und chinesische Delegation bei einem bescheidenen Drei-Gänge-Menü mit Gemüsesalat, Steak und Pancakes, bis der Waffenstillstand stand.
Tatsächlich hatten die Befürworter einer Deeskalation Argumente, die auch dem US-Präsidenten eingeleuchtet haben sollten. Zwar leidet die chinesische Wirtschaft unter dem Handelskonflikt bislang stärker als die der USA. Doch auch die amerikanischen Unternehmen und Landwirte bekommen die Folgen zu spüren. Fallende Preise für Sojabohnen, Mais, Milch und Rindfleisch haben viele Bauern im Mittleren Westen in den Ruin getrieben. Zu den Schwierigkeiten des Autokonzerns General Motors, der angekündigt hat, sieben Fabriken zu schließen, haben Trumps Stahlzölle beigetragen.
Und hinter den jüngsten Ausschlägen an den Börsen steht auch die Angst der Börsianer vor einer Eskalation der Handelsstreits. Eine Lobbygruppe der mächtigen Koch-Brüder, denen viele Republikaner ihre Wahlkampf-Finanzierung verdanken, hat gerade eine Studie vorgelegt, wonach Trumps Handelskriege im nächsten Jahr jeden US-Haushalt 2400 Dollar kosten dürfte, in Form höherer Preise für die Konsumenten, niedrigerer Löhne und gesunkener Investmenterträge.
Dieser US-Präsident glaubt nicht an Freihandel
Wenn aber die Konjunktur ins Wanken gerät, würde das Trumps Wiederwahl gefährden. Seine Wähler mit einer weiteren Steuerreform oder neuen Ausgabenprogrammen bei Laune zu halten, dürfte ihm angesichts der Mehrheit der Demokraten im neuen Kongress nicht gelingen. Und auch das Handelsabkommen mit Mexiko und Kanada, das Trump am Rande des Gipfels in Argentinien unterzeichnete, wird ohne die Zustimmung der Demokraten das Parlament nicht passieren.
Trumps Kompromissbereitschaft gegenüber China ist von taktischen Erwägungen getrieben, nicht von besserer Einsicht. Dieser US-Präsident glaubt offensichtlich nicht an Freihandel. Vom Thema Handelsüberschüsse scheint er besessen zu sein. Der Waffenstillstand mit China ist auf 90 Tage terminiert, kommt es zu keiner endgültigen Einigung werden die US-Zölle danach von 10 auf 25 Prozent steigen.
Gut möglich, dass Trump sich bis dahin einen anderen Gegner sucht. Auch beim Gespräch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel auf dem G20-Treffen hat er sein Lieblingsthema in den Mittelpunkt gestellt: "Wir haben ein massives Handelsungleichgewicht, aber wir werden das ins Lot bringen", erklärte Trump in Buenos Aires.
In Europa dürfte man das als Drohung verstehen. Denn auch der Handelsstreit mit der EU liegt nur auf Eis, die Verhandlungen haben bisher keine Ergebnisse gebracht. Und Trumps Geduld scheint zu schwinden. Viele Beobachter rechnen damit, dass er die immer wieder angedrohten Importzölle gegen Autos also tatsächlich verhängen wird.
Anmerkung: In einer früheren Version des Textes hieß es, Larry Kudlow sei US-Wirtschaftsminister. Tatsächlich ist Kudlow Donald Trumps Wirtschaftsberater.